Bike-Komponenten von Fans für Fans - zu Besuch bei Campagnolo.

foto: gringo

"Die verrücktesten Fans sind die Japaner und die Kalifornier," sagt Angelo Caccia, kaufmännischer Direktor bei Campagnolo, aber schon bald dahinter kommen die US-Amerikaner überhaupt, freilich auch die Deutschen, Franzosen und natürlich die Italiener.

Noch gerne erzählt man sich im Werk von den japanischen Journalisten, die sich für eine Campagnolo-Story Einlass erbaten und dann sicherheitshalber eine ganz Woche da blieben, um nichts zu übersehen.

Oder von jenem kalifornischen Paar, das seine Hochzeitsreise bei Campagnolo verbrachte und wirklich sehr glücklich wieder heim in die USA flog, durchflutet von der Gewissheit, unter allen italienischen Sehenswürdigkeiten die feinste gesehen zu haben.

Angelo Caccia: "Manchmal haben wir das Gefühl, wir könnten von Werksbesichtigungen alleine auch ganz gut leben."

Weil dann allerdings die Produktivität leiden könnte, wenn die Fans in üppiger Zahl als stehende Hindernisse den Produktionsablauf des Fahrradkomponenten-Herstellers sprenkeln, gibt’s Einlass nur ganz selten, für Journalisten etwa nur rund zwei bis dreimal im Jahr.

Was sofort auffällt: Die Stimmung ist locker, Angelo Caccia kommt ohne Sakko und Krawatte zum Interview, aber mit aller Zeit der Welt. Und das Dienstklima ist auch flink erklärt: Auch in den Werkshallen stehen FANS in echt und nicht einfach Arbeiter, wer hier schraubt, fräst, poliert, arbeitet für das Rennrad an sich und verdient nebenbei Geld damit, aber eben nur nebenbei.

Campagnolo fertigt seit 1933 Rennradkomponenten. Damals erfand Tullio Campagnolo ein Schaltsystem, das fast 20 Jahre gültig blieb, obwohl quasi niemand damit schalten konnte. Tullios erstes Dienstfahrzeug, ein Lastendreirad, steht heute restauriert in der Empfangshalle.

Erst in den frühen 50er Jahren kamen die feinen Schaltungen nach dem Parallelogramm-Prinzip, das Design blieb bis Mitte der 80er Jahre aktuell, auch wenn die stählerne Gran Sport Schaltung dann schon längst Record hieß und aus Alu gefertigt war.

Das Mountainbike blieb ein kurzes Zwischenspiel, 1993 war Schluss, was Angelo Caccia locker erklären kann: "Unsere Liebe gehört dem Rennrad, für die Entwicklung von Moutainbike-Komponenten blieben einfach nicht genügend Kapazitäten." Campagnolo ist noch immer im Familienbesitz, Tullios Sohn Valentino hätte auch gerne zum Plaudern vorbeigeschaut, wäre er nicht dienstlich verreist.

Wie darf man sich den Produktionsablauf vorstellen: Eher unspektakulär, die Werkshallen sind nicht klinisch rein wie bei Shimano, aber doch aufgeräumt, die (oft angelieferten) Rohlinge werden in vielen Schritten zu ihrem edlen Finish geführt, und was bei der strengen Qualitätskontrolle durchfällt, wird – und ihr müsst jetzt wirklich tapfer sein, liebe Fans – EINFACH WEGGEWORFEN.

Dabei würde man das Wegwerfen eher für die Dienstfahrräder der Campagnolo-Arbeiter empfehlen: Klappräder, die man ob ihres Zustandes auf jedem Bahnhof der Welt ohne Schloss abstellen könnte. (Text: Dietrich P. Dahl, Fotos: Gringo, derStandard.at, 8.11.2006)