foto: STANDARD/EXPONERA
Nyamko Sabuni hat unter Schwedens MuslimInnen für einigen Aufruhr gesorgt - so dass inzwischen schon vierzig muslimische Verbände eine Petition unterzeichnet haben, die den Rücktritt der neuen Ministerin für Integration und Gleichstellung fordern.

Bereits die Ernennung der 37-jährigen liberalen Politikerin zur Ministerin Anfang Oktober war einem Paukenschlag gleichgekommen - nicht nur, weil mit Sabuni erstmals eine Frau afrikanischer Herkunft in eine schwedische Regierung einzog. Schon als Parlamentarierin hatte sie seit 2002 für Aufsehen gesorgt: So tritt sie für ein Kopftuchverbot an Schulen ein, will Religionsschulen abschaffen und befürwortet obligatorische gynäkologische Untersuchungen von Schulmädchen, um kontrollieren zu können, ob diese beschnitten wurden.

Die verheiratete Mutter fünfjähriger Zwillinge war 1981 als damals 12-jährige Tochter eines politischen Flüchtlings aus der heutigen Demokratischen Republik Kongo nach Schweden gekommen. Zuvor hatte die siebenköpfige Familie, die mithilfe der Menschenrechtsorganisation Amnesty International nach Skandinavien kam, in Burundi im Exil gelebt, wo Sabuni auch geboren wurde.

Sich selbst bezeichnet die Politikerin als nicht praktizierende Muslimin. Muslimische Organisationen werfen ihr aufgrund ihres Programms vor, sie sei "islamophob", betreibe eine "Hetzjagd auf Muslime" und schüre Angst und Vorurteile in der Bevölkerung.

Die zierliche Frau, die in einem TV-Interview vor drei Jahren Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs anmeldete, nimmt die Vorwürfe gelassen: Eine Demokratie dürfe die Unterdrückung tausender Mädchen und Frauen im Namen der Religion nicht dulden, so Sabuni. Grundlage einer multikulturellen Gesellschaft müsse der gemeinsame Respekt für fundamentale Menschenrechte sein - unabhängig von Kultur, Religion oder Tradition.

Die Ministerin erwägt nun, dem Muslimischen Verband Schwedens, dessen Vorsitzender im Frühjahr die Einführung separater Scharia-Gesetze für Schwedens Muslime gefordert hatte, den Geldhahn abzudrehen. Eine ernst zu nehmende Drohung: Bereits Mitte Oktober hatte Sabuni die Schließung des vielfach für mangelnde Effizienz geziehenen "Zentrums gegen Rassismus" angekündigt.

Integration lasse sich nur mit echter Teilhabe der Einwanderer am gesellschaftlichen Leben erreichen, sagt Sabuni, die nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften, Migrationspolitik und Kommunikation unter anderem als Kleinunternehmerin im Gesundheitswesen arbeitete. Sprachkenntnisse seien das A und O. Deshalb befürwortet sie Sprachtests für Einbürgerungswillige - ein weiterer Vorschlag, der für Kontroversen sorgt. (Anne Rentzsch, DER STANDARD, Print, 7.11.2006)