Ein junges Mädchen mit Schlafzimmerblick und leicht gespreizten Beinen, dazu der Appell: "Kauf mich!" - so wirbt der Musikkanal Viva in Deutschland auf Plakaten für seine Aktien. Das eindeutig-zweideutige Spiel mit der Käuflichkeit von Mädchen beschäftigt aber mittlerweile den Deutschen Werberat. Dort sind nach Angaben einer Sprecherin Beschwerden eingegangen. Eine weitere kündigte die Zentralstelle Medien der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag in Bonn an: "Mit diesem Plakat werden die Würde der Frau und Wertmaßstäbe der Gesellschaft verletzt; die Geschmacklosigkeit ist kaum zu überbieten", erklärte Mitarbeiter Matthias Kopp. Etwas gelassener ist der Geschäftsführer des Deutschen Kinderschutzbundes, Walter Wilken. Auch er findet die Plakat-Aktion, die bis zum Börsengang von Viva am 19. Juli landesweit läuft, geschmacklos, aber angesichts dessen, was sonst "an allen Ecken und Kanten zu sehen ist" nicht weiterer Proteste wert. Derweil hält das Plakat mit der lasziven Minderjährigen mit kurzem Röckchen und die Frage "Trägt sie ein Höschen oder nicht?" offenbar auch die Viva-Mitarbeiter auf Trab: Es lägen zahlreiche Anfragen von Privatpersonen vor, die die Poster bestellen wollten, erklärte Viva-Vorstandschef Dieter Gorny auf Anfrage. Die Aufregung ist ihm unverständlich: Die Anzeigenkampagne solle polarisieren, "weil sie die Zielgruppe direkt anspricht, und dies scheint uns gelungen zu sein". Nach Ansicht des Werbeforschers Andreas Fahr von der Universität München wendet sich die Plakat-Aktion weniger an die 14- bis 29-jährigen Viva-Zuschauer als an potenzielle Aktienkäufer. Deren Aufmerksamkeit solle mit der Provokation erzielt werden. Allerdings könnte der Lolita-Effekt nach Meinung des Experten auch nach hinten losgehen: "Die Zielgruppe der Aktienkäufer könnte davor dann letztlich doch zurückschrecken und sich von dem Thema Sexualität mit Minderjährigen distanzieren." In der täglich anschwellenden Informationsflut sind Tabubrüche nicht neu: Für Eiskrem wirbt derzeit eine dunkelhaarige Lolita, Schauspielerin Iris Berben kokettierte mit ihrem Höschen für den Abokanal Premiere World, auch Benetton hat lange Zeit immer wieder auf dieses Mittel gesetzt. Wenn es ums Auffallen gehe, sei jedes Mittel recht, erklärte Fahr. Das sei in der Werbebranche allerdings nicht immer gern gesehen. (APA)