Liebesforschung / Rodimos e kamlipesko / Istraživanje ljubavi

Bis 30. November 2006 (20.00 Uhr)
dieTheater Künstlerhaus
Karlsplatz 5
A-1010 Wien
Eintritt: Pay as you can.
Kartenvorbestellung unter Tel: 0699 81 84 85 91

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Liebesforschung.info

Foto: Mario Lang
Wien - Roma und Sinti sind mittlerweile die größte Minderheit in der Europäischen Union. In Österreich leben - neben den als Volksgruppe anerkannten Burgenland-Roma - viele, die während des Krieges aus dem ehemaligen Jugoslawien geflüchtet sind. Diese „unsichtbare“ Minderheit lebt auch in Österreich oftmals unter der Armutsgrenze und das Bildungsniveau ist wesentlich niedriger als bei der Mehrheitsbevölkerung. Die visuelle Repräsentation von Roma ist meist beschränkt auf Bilder von vormodernen Reisenden, MusikerInnen und HandwerkerInnen.

Diesen exotistischen Klischeebildern wird im November 2006 im Rahmen des EQUAL-Projekts "WIP - work in process" in Wien das dreisprachige Theaterstück "Liebesforschung / Rodimos e kamlipesko / Istraživanje ljubavi" entgegengesetzt werden. Unter der Regie von Tina Leisch fungieren hauptsächlich nach Wien migrierte Roma als SchauspielerInnen. Das Theaterstück ist als Mittel zu Selbstempowerment zu verstehen, da der Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen nicht für alle Gruppen gleichermaßen gewährleistet ist, so die VeranstalterInnen.

Handlungspotenziale

Gerade im Feld der Arbeit werden Identitäten herausgebildet und Partizipationsmöglichkeiten verteilt. Am Arbeitsmarkt und am Arbeitsplatz sind die Diskriminierung am unmittelbarsten - weil am dringendsten, und bedrohlichsten - zu spüren und zu meistern. Auch die Theaterproduktion "Liebesforschung/Rodimos e kamlipesko/Istraživanje ljubavi" kreist zentral um Ausschlussmechanismen am Arbeitsmarkt, bzw. deren Auswirkungen auf die möglichen Lebens- und Liebesentwürfe und um die Erfindung von Handlungspotenzialen auch in anscheinend aussichtslosen Lagen.

Arbeitsweise

Während der Workshops mit den LaiendarstellerInnen fanden kritische Auseinandersetzungen und Diskussionen über Ausschlussmechanismen und Rassismen statt und diskriminierende Stereotypen wurden theatralisch dekonstruiert. Gegen- und Ermächtigungsstrategien wurden szenisch erarbeitet.

Das Ergebnis soll weder "eine modernisierte Version des Kitsches, noch folkloristische Selbstidealisierung noch ein identitätsstiftendes Minderheitenmelodram sein", so die MacherInnen. Viel mehr gehe es darum, die Repräsentationsmechanismen zumindest ebenso in Frage zu stellen, wie ihre diskriminierenden Effekte. Die Diskriminierung soll zu einem Problem der Diskriminierenden werden und nicht das Problem der Diskriminierten bleiben.

Aus dem Inhalt

Frau Dr. Sophia Svetlova hat in Pristina Literaturwissenschaft studiert und ist vor den Feindseligkeiten gegenüber den Roma im Kosovo nach Österreich geflüchtet. In einem Österreichischen Flüchtlingsheim lernt sie nun die Kunst des Wartens. Alle Versuche, ihre akademische Qualifikation in einem Job oder wenigstens in einer Beschäftigung umzusetzen, scheitern am Fremdenrecht. Angebote, durch Putzarbeiten in Privathaushalten, sich wenigstens die Bibliotheksgebühren zu verdienen, lehnt sie ab.

Da sie mangels Zugang zu jugoslawischer Literatur ihre wissenschaftliche Vorhaben nicht weiterführen kann, beschließt sie eine Studie über die Liebesvorstellungen in der populären Romamusik nebst Vergleich mit Liebeskonstruktionen in der oral history der aus Ex-Yu geflüchteten Roma und der anderen BewohnerInnen des Flüchtlingsheimes durchzuführen.

Eine wichtige Hilfe dabei ist ihr der Hausmeister Harry Kulay, der ihr sein umfassendes Wissen über die Liebesverhältnisse im Flüchtlingsstatus unterbreitet.

Geschichten von Liebe, Treue, Eifersucht variieren die Täuschungen der Liebesillusion zwischen verschiedenen Traditionen und Kulturen. Dramen von Zwangsheiraten, Sexarbeit und Scheinehen fragen nach den strukturellen Diskriminierungen, die Liebe und Begehren bestimmen.

So wird die Frage nach der Diskriminierung von Roma am Arbeitsmarkt liebend und keifend, küssend und streitend gestellt. (red)