Das Fundament, auf dem die "Chrono 1/8 th Second" steht, spiegelt nicht die Entwicklung der Marke wider - Für Panerai geht's seit Jahren nur bergauf

Foto: Panerai
Nur nicht hudeln, wenn es um neue Märkte im Osten Europas geht. Vor allem dann nicht, wenn man wie Dieter Weikhard, Regional Account Manager von Officine Panerai, in Osteuropa die große Gelassenheit leben muss um unprätentiöses Design verkaufen zu können. Größe ist dort nicht das Problem, schon gar nicht für eine italienische Manufaktur, die sich seit 1860 nicht unter die 40-mm-Marke beim Durchmesser der Gehäuse begibt.

Die Gelassenheit bringt er in zweifacher Fasson mit: Einerseits in Form stetiger Überzeugungsarbeit, dass eine Luxusuhr, die ursprünglich italienischen Marinetauchern zum präzisen Abfeuern von Torpedos gereichte, auch heute noch wie ein "Instrument" aussehen darf. Denn das, was als Understatement gilt, sagt er, ist dort nicht unbedingt gegeben, "wenn man üblicherweise den Juwelier-Laden durch die Hintertür betritt, um ihn dann mit der weithin sichtbaren - weil über dem Hemdsärmel getragenen - Golduhr wieder zu verlassen." Andererseits bringt er die Gelassenheit für's Handgelenk aber auch in Form der Uhren selbst mit, denn das Ziffernblatt-Design tickt seit Beginn nach einer optischen Logik der Ruhe.

Wie passt es nun ins Standbild einer Marke, mit einem limitierten Chronografen daherzukommen, der dem Acht-Achtel-Takt zum rasenden Comeback verhilft? Die Radiomir Chrono 1/8 th Second verfügt nämlich über eine Funktion, die der trauten Zweisamkeit von Stunden- und Minutenzeiger ein Ende setzt. Ein kleines, aber potentes Ziffernblatt im Verdrängungswettbewerb mit der Ziffer Neun, schickt einen rastlosen Zeiger ins Rennen, um eine einzige Sekunde in acht Teile zu spalten. Achtelsekunden zu beobachten, sei für Dieter Weikhard selbst ein Schwindel erregendes Erlebnis, vor allem wenn man weiß, wie selten die der Taschenuhr-Technik entlehnte und komplizierte Foudroyante-Funktion überhaupt nur mehr verbaut wird. Dass Panerai hier einem Zeiger das Leben schenkt, der in Rekordzeit Runden dreht, ist schon deshalb erstaunlich, weil man das sonst gerne anderen überlässt. Siehe Kooperation Panerai mit Ferrari: Die ist man in Form des Uhrenmodells Granturismo nur deshalb eingegangen, weil die Kontraste stimmen: Die roten Flitzer der traditionsreichen Marke sollen dabei den Part des lauten Rundendrehers übernehmen, wobei sich Panerai eigentlich auf die präzise Gemächlichkeit konzentrieren wollte.

Vom Polarkreis zum Nordpol

Die Frage nach der lebensnahen Verwendung für den Luxus erstehenden Durchschnittskunden mit überdurchschnittlichem Budget braucht man erst gar nicht zu stellen. So wie schon zuvor bei einem Sondermodell für Mike Horn, der damit einerseits den Polarkreis entlang fuhr und vergangen März den Nordpol mit der nach wie vor intakten Luminor GMT North Pole erreicht hat. Sammler sind es ganz einfach, die sich damit einen kleinen Traum von der Präzision zwischen Eisschollen ins Portfolio holen wollen oder eben das Achtel einer Sekunde aufs Handgelenk. Das wird auch für die Neuauflage des Klassikers Radiomir GMT/ Alarm zutreffen, der nicht nur die Größe, sondern auch die Funktion eines Weckers besitzt. Vor allem deshalb, weil man in einer 200 Stück-Auflage bereit war, zum Trend-Edelmetall Roségold zu greifen. Und dies obwohl ja bekannt ist, wie puristisch alias stur die italienischen Modellentwickler bei Panerai sein können, wenn es nur darum geht, ein Lederband durch ein metallenes zu ersetzen.

Die Frage wiederum, wie Herr Weikhard mit der Achtelsekunden-Radiomir Juweliere in Osteuropa überzeugen will, derartig kurzlebige Momente festzuhalten, stellt sich so jedenfalls nicht. Mit einer Limitierung von nur 300 Exemplaren werden die Sammler ohnehin überall die acht Schritte einer Sekunde mit Panerai gehen wollen. (Sascha Aumüller/Der Standard/Rondo/03/11/2006)