Das "Korloff Diamond Car", präsentiert für die unfassbar kaufkräftige Klientel der "Neuen Russen" auf der Millionärsmesse in Moskau, von - auf russischen Messen so gut wie un-vermeid-lichen - Models.

Foto: Standard/Eduard Steiner
Moskau - Treffen sich zwei neureiche Russen in London. "Stell Dir vor", sagt der eine, "ich habe soeben eine Krawatte für 50 Pfund gekauft." "Du bist ja verrückt", meint der andere, "ich habe die gleiche um die Ecke für 200 bekommen." Die Anekdote stammt aus der Zeit der wilden 90er-Jahre, als die nicht immer legalen Privatisierungen die so genannten Neureichen in Russland hervorbrachten. Viele von ihnen unzivilisiert, eher kaltblütige Emporkömmlinge. Ihr Vermögen zur Schau zu stellen, wurde zum Dünkel des neuen Standes.

Ein Jahrzehnt später haben die hohen Rohstoffpreise die Zahl der vermögenden Russen vervielfacht. Man gibt sich mondän und kultiviert. Aus der plumpen Vorführung des Reichtums wurde eine stilvollere. Gewiss, am Bedürfnis der Vermögensdemonstration hat sich nichts geändert.

Was das Herz der Gesättigten so begehrt, war dieser Tage auf der Millionärsmesse in Moskau zu sehen: Privatflugzeuge, Luxusjachten inklusive Mini-U-Boot für 16 Millionen Euro, Sitzgarnituren für 60.000 Euro, deutsche Edelbetten für 80.000 Euro, Konzertflügel aus Platin, Eliteinternate für die Kinder, ein goldenes Handy aus Schweizer Produktion für eine Million Euro - die Tastatur mit Dutzenden Brillanten bestückt. Daneben die Luxusschlitten von Jaguar oder Bugatti. "1,8 Millionen Euro kostet unser ausgestelltes Modell", erklärt die Verkaufsdame auf dem Stand von Bugatti: "Wenige Minuten nach der Eröffnung war der erste verkauft."

"Wer wagt, gewinnt"

Millionärsmessen gab es schon in Amsterdam, Cannes und Schanghai. Moskau, wo die Messe heuer zum zweiten Mal gastierte, gilt als ausgezeichnetes Pflaster: "Von dem, was auf dem weltweiten Markt der Luxusgüter produziert wird, haben wir sorgfältig nur das Allerbeste ausgewählt", meint Yves Gijrath. Mit seiner Firma "Wer wagt, gewinnt" hatte der 40-jährige Holländer vor Jahren die goldene Idee zur internationalen Verkaufsausstellung für Millionäre.

Die Zahl der Teilnehmer in Moskau hat sich seit dem Vorjahr verdoppelt, die der Besucher auch. Im Vorjahr setzten 22.000 Besucher etwa 500 Mio. Euro um. 8000 Euro kosten 10 m² eines Verkaufsstandes. Ein Pappenstiel, nimmt man die Renditen her, die auf dem russischen Markt zu erzielen sind. Gut und gern zahlen Russen das Doppelte des westlichen Preises für so manches Produkt.

Die schönste Zierde unter den zahlreichen neuen Exponaten der heurigen Veranstaltung: Akhal-Teke Rassenpferde turkmenischer Züchtung für gut eine Million Dollar. Ihre erstmalige Präsenz auf dem Reichenjahrmarkt entspricht dem zuletzt äußerst populären Freizeitvergnügen der russischen Schickeria, sich einen respektablen Reitstall zu halten. Einer der Pioniere in dieser Disziplin ist keine geringere als Jelena Baturina, ihres Zeichens Frau des Moskauer Bürgermeisters und reichste Russin mit einem zuletzt vom Forbes-Journal bezifferten Vermögen von 2,4 Milliarden Dollar.

44 Dollarmilliardäre zählt die Reichstenliste in Russland. Die meisten machten ihr Geld im Rohstoffsektor. Forbes rechnet die staatlichen Topbeamten nicht mit. Das tat das Journal Finans und machte unter 720 Rubelmilliardären (1 Dollar = 26 Rubel) 40 Parlamentarier aus.

Elitewohnungen

Ein Novum neben Rassenpferden sind auf der Millionärsmesse Spezialimmobilien wie etwa Ökovillen und Schlösser für dutzende Millionen Dollars in den Toplagen des Erdenrunds. Und wer sich kein Notfallexil im Ausland sichern, sondern sich vielmehr in der Luxusstadt Moskau gemütlich breit machen will, hat auch auf der Messe unterschrieben: die Elitegroßwohnungen im neuen Stadtteil "Moscow-City" werden zwar erst gebaut, aber sie befinden sich am Moskau-Fluss in den nachmalig höchsten Wolkenkratzern Europas. (Eduard Steiner, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.10.2006)