Der 1907 als Kismarton FC gegründete SC Eisenstadt ist einer der ältesten Fußballklubs Österreichs. Kurz vor dem 100-jährigen Geburtstag steckt der abgeschlagene Letzte der Regionalliga Ost in einer existentiellen Krise. Der umstrittene Obmann will weiterkämpfen.

derStandard.at: Wie ist das, wenn man sich eine Partie geben muss, wie zuletzt das 0:10 gegen St. Pölten?
Blasnig: Ja, schauen Sie. Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Wir haben von Saisonbeginn an gewusst, wie es ausschaut. Bis vier Tage vor Ende der Übertrittszeit war nicht einmal klar, ob wir weitermachen. Ich spreche in der Mehrzahl, aber eigentlich bin ich ja allein. Die Leute, die gesagt haben, dass sie mitmachen, sind kurzfristig abgesprungen.

derStandard.at: Es sollten ja sogar die Flutlichtmasten und Teile der Tribüne versteigert werden.
Blasnig: Die Stahlkonstruktion ist 40 Jahre alt, ich kann mir nicht vorstellen, wer die kaufen soll. Mit der Bank, die das betreibt, habe ich einen Konsens. Mit dem Erlag eines Einmalbetrages sollte das erledigt sein.

derStandard.at: Seit wann sind Sie Obmann in Eisenstadt?
Blasnig: Noch nicht lange. Die Vereinspolizei hat mich eingesetzt, ursprünglich war ich Sportlicher Leiter. Als ich im April 2005 gekommen bin, sind nach der Generalversammlung nur mehr zwei Leute übrig geblieben. Dann war der Verein bis zum Sommer führungslos. Die Vereinspolizei hat dann gesagt: "Sie müssen den Obmann machen." Wir versuchen jetzt ein Budget zusammen zu bringen, damit im Frühjahr der Spielbetrieb gesichert ist.

derStandard.at: Das heißt, es geht jetzt einmal vorrangig um das Überleben des Vereins und nicht um sportliche Ziele.
Blasnig: Sportlicher Erfolg kann sich nur mit Geld einstellen, wobei Geld natürlich auch keine Garantie ist. Das sieht man ja bei anderen. Ich kann mir nicht leisten Schulden zu machen und es gab Altlasten von 717.000 Euro, von denen ich nichts wusste.

derStandard.at: Wie konnte es soweit kommen?
Blasnig: Das ist alles in den letzten paar Jahren passiert. Und der alte Vorstand ist letztes Jahr entlastet worden. Das ist für mich das Unbegreifliche. Ich habe dann die Leichen im Keller ausgegraben. Ich habe dann mein eigenes Geld hineingesteckt, will mich aber nicht selbst beweihräuchern. 2005 haben die Spielergehälter 434.000 Euro ausgemacht. Da können Sie sich vorstellen, wie die Schulden zustande kommen.

derStandard.at: Warum machen Sie das, aus Liebe zum Verein?
Blasnig: Nein, ich bin ja kein Burgenländer. Ich habe mir das nicht so ausgesucht. Aber wenn ich etwas anfange, dann möchte ich das mit Erfolg zu Ende führen. Und wenn man ein bissl ein sportliches Herz hat, dann gibt man eh nicht auf.

derStandard.at Warum interessiert der SC Eisenstadt im Burgenland offenbar niemand?
Blasnig: Das ist ein Politikum. Von der Stadt gibt es leider keine Hilfe. Jetzt mit einem Bundesligisten und Red-Zac-Ligisten ist das offenbar nicht so interessant. Früher hat es ja nur den SC Eisenstadt gegeben im Burgenland und sonst nichts. Da ist jeder gern gekommen. Aber der Verein war auch verhasst, der war immer der Beamtenverein. Weil die Fußballer waren pro forma bei der BEWAG angestellt, mussten aber nicht arbeiten.

derStandard.at: Was war das Hauptproblem?
Blasnig: Der alte Vorstand hat halt geglaubt, je weiter wir hinauf kommen, desto mehr Geld bekommen wir. Aber das ist ein Trugschluss. Man braucht eine Rücklage. Ich kann nicht das, was ich vielleicht bekomme, als Budgetplanung nehmen. Die haben sich gedacht, wir schaffen den Meister in der Regionalliga. Und in der Red Zac bekommen wir dann die Unterstützungen vom Fernsehen und vom Verband. Im Jahr 2000 oder 2001, ich kann mich nicht mehr genau erinnern, da wurde eigentlich ein Profi-Betrieb gefahren. Da wollten sie innerhalb von vier Jahren von der Regionalliga in die Bundesliga.

derStandard.at: Und Zuschauer kommen auch keine mehr.
Blasnig: Gegen St. Pölten haben wir 73 Zahlende gehabt.

derStandard.at: Dabei gilt das Burgenland ja als fußballbegeistert...
Blasnig: Das Burgenland ist Rapid-freundlich. Die Hauptstadt war sowieso nie beliebt, vor allem im Nordburgenland. Weil da immer die Großkopferten gesessen sind. Und jetzt hat Mattersburg unsere Zuschauer. 1999 haben die im Schnitt 207 Zuschauer gehabt, in der Regionalliga!

derStandard.at: Welche Perspektiven hat die jetzige Mannschaft?
Blasnig: Die Spieler sind zwischen 17 und 20, wir haben den jüngsten Schnitt. Jetzt haben wir mit drei 16-Jährigen gespielt und bauen Burgenländer ein. Obwohl ich immer als Wiener beschimpft werde. Aber gegen Spieler, die schon in der Bundesliga gespielt haben, was sollen die da machen?

derStandard.at: Glauben Sie, dass es im Frühjahr weitergeht?
Blasnig: Ich will dass es weitergeht. So einen Traditionsverein soll man kurz vor seinem Hunderter nicht sterben lassen. Das wär schon traurig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das allen wurscht ist. Es sind alle aufgerufen zu kommen und den Jungen eine Chance zu geben. Bei einem anderen Verein werden sie nicht so einfach in die Kampfmannschaft kommen. Bei uns können sie sich profilieren.

derStandard.at: Sie planen aber mit Blick auf die Burgenland-Liga?
Blasnig: Ja, aber wir geben's nicht auf. Letztes Jahr waren wir am Ende von der Herbstsaison Sechster und wären fast noch abgestiegen. Warum soll nicht das Gegenteil auch möglich sein?

derStandard.at: Sie haben also den Klassenerhalt noch nicht ganz abgeschrieben?
Blasnig: Nein. Wir werden schauen, dass wir Neue dazubekommen. Das kann aber nur mit einer Aufwandsentschädigung gehen. Wenn ich Spieler bin, gehe ich auch nicht nach Eisenstadt und spiele um eine Punkteprämie. Es gibt auch Interessenten, die im Klub mitwirken wollen oder ihn auch übernehmen. Leider haben sie das schon dreimal gesagt. Wenn die mich nicht dabei haben wollen, höre ich auch auf. Hauptsache den Klub gibt's weiter.

Man appelliert an die Sportfreunde des Burgenlands. Der SC Eisenstadt war ein Mitropacup-Sieger, das haben nicht viele geschafft. Man muss die Leute wachrütteln. Warum hält einer, der nicht aus dem Burgenland ist, die Fahne hoch, und die Burgenländer nörgeln nur und wollen nicht mitwirken?
(Mit Georg Blasnig sprach Michael Robausch)