The Tyde: "Three’s Co."

Die bereits seit drei Alben bestehende kalifornische Band The Tyde besticht auf "Three’s Co" als genialische zeitgenössische Reinkarnation der Beach Boys, die hier – fiktiv – mit den Byrds im offenen Schlitten den Strand entlang cruisen. Darren Rademaker, Kopf der Tydes und selbst leidenschaftlicher Surfer, schafft eine unprätentiöse, fröhliche und schlaue Popplatte, die weniger die melancholische Strandbuben-Abteilung bedient, sondern jene, die man aus dem Frühwerk von Bret Easton Ellis und aus dem so genannten Paisley Underground kennt. The Strokes mit Sonnenbrand, hat jemand gemeint – besser kann man es gar nicht sagen. (Rough Trade)

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The Tyde

Albumcover: (Rough Trade)

Solomon Burke: "Nashville"

Der schwerwiegende Sitzriese aus den Urzeiten der Soulmusik brachte sich 2003 mit dem von Joe Henry produzierten Album "Don’t Give Up One Me" wieder zurück ins Geschäft und kassierte gleich einmal einen Grammy. Muss ja, muss ja.

Es folgte ein mäßig gelungenes Album bei der Industrie und nun eben "Nashville", das, seinem Titel verpflichtet, Countrysongs im Soulkostüm präsentiert. Das macht historisch betrachtet Sinn, der Funke springt hier aber leider nicht und nicht über. Liegt es an Dolly Parton? An dem all zu durchsichtigen Marketing-Konzept? Joe Henry, bitte übernehmen... (Edel)

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The King Solomon Burke

Albumcover: Edel

The Fratellis: "Costello Music"

Ein energiestrotzender Dreier mit Franz Ferdinand-Breitseite sind die Fratellis aus Schottland. Dort sind sie mit "Costello Music" auch schon ein ziemlich heißes Ding. Immerhin zielt die Band damit auf sehr nachdrückliche und Art und Weise auf ein Publikum, das das nächste Album der Arctic Monkeys kaum noch erwarten kann.

Hype-Alarm also, aber angesichts der hier gebotenen Euphorie schon auch ziemlich, ähem, hinreißend – ein eher selten gewordenes Wort im Zusammenhang mit britischen Modebands. Rettet jede Party! (Universal)

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The Fatellis

Albumcover: Universal

The Jesus Lizard: "Blue"

Als dieses Album 1998 erschien, wurde man im Plattenladen vor lauter Kruder- und Dorfmeisterei ja blöd angeschaut, wenn man mit derlei rohe und ungepflegte Männlichkeit verströmenden Tonträgern an der Kassa stand. Schwer aus der Mod’ halt!

Über die Jahre ist dieses von Gang-Of-Four-Mastermind Andy Gill produzierte und traditionell mit einem "four-letter-word" betitelte Album die bessere Investition gewesen. Hier wird Blues, Punk und weißer Funk zu purem Dynamit vermengt. Dass David Yow der genialste, irrste Sänger seiner Zeit war, muss man hier nicht extra erwähnen. Dagegen ist Jack White ein Chorknabe. Wie alles von den nach diesem finalen Werk leider aufgelösten Jesus Lizard uneingeschränkt zu empfehlen: Franz Ferdinand trifft Hasil Adkins!

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The Jesus Lizard

Albumcover: southern.com

Los Lobos: "The Town And The City"

Nach ein paar nicht so toll inspirierten Alben kehren die in Europa immer noch nur von einer Minderheit geschätzten aber unvergleichlichen Los Lobos mit einem satten Meisterwerk zurück: "The Town And The City". Die fünf runden Herren mit den dunklen Sonnebrillen und den hellen Stimmen schleichen darauf mit einem zeitgemäßen Rhythm’n’Blues um die Häuser, der genialisch von Conjunto-Sounds und scharfen Riffs durchwirkt ist.

Die Ergebnisse pendeln von trägen, eleganten Stücken voller auf der Straße angeeigneten Weisheiten bis zu rohen Rockern, die wiederum auf Balladen treffen, die mit der Melancholie von Entwurzelten bis oben hin angefüllt sind. F A N T A S T I S C H!!! Wer Joe Henry oder die neue T Bone Burnett schätzt – eine Bank! (Hollywood Rec./Universal)

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Los Lobos

Albumcover: Hollywood Rec./Universal

Texas Tornados: "Live From Austin, Texas"

Freddy Fenders Tod Mitte Oktober war ein trauriger Anlass wieder einmal den famosen Texas Tornados zu lauschen, zumal im Sommer in der Reihe "Austin City Limits" diese wunderbare Live-Platte der Tex-Mex-Supergroup samt dazugehöriger DVD erscheinen ist.

Darauf befinden sich 19 lebenserfahrene Herzrausreißer, ein paar davon beschäftigen auch das Zwerchfell mit. Große texanische Bierzeltkunst jedenfalls, bei sich der Knödeltenor und Oberhallodri Freddy Fender durch Immergrünes wie "Before The Next Teardrop Falls" nuschelt während Doug Sahm – selig – von seiner Alten wieder einmal nur eines wissen will: "Who Were You Thinking Of (When We Were Making Love Last Night)". Klassiker des Schmerzes, Klassiker der Moderne!

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Texas Tornados

Albumcover: Blue Rose/Hoanzl

Beck: "The Information"

Unser liebster Slacker von früher wird langsam ein wenig bequem. Das ist gut. Denn es bedeutet, dass das schon ein wenig gar programmatisch gewordene Hakenschlagen hier weitgehend ausgeblendet bleibt. Stattdessen sieht Beck "The Information" selbst als Weiterführung des Vorgängers "Guero", dem schon eine höhere Homogenität anzumerken war.

Die aktuelle Single "Nausea" bestätigt zudem, dass das sich beständig neu erfinden nicht auszahlt. Das Publikum merkt sich eh nichts. "Nausea" klingt exakt wie "Black Tambourine" vom Vorgänger – und ist trotzdem in den Charts. (Universal)

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Beck

Albumcover: Universal

Love Is All: "Nine Times That Same Song"

Zwar schon seit einem guten Jahr als Import zu haben, jetzt aber mit Ö-Vertrieb ausgestattet überall zu haben, begeistern die schwedischen Love Is All auf ihrem Debüt mit einer gnadenlosen Mischung aus Roxy-Music-Saxophon, etwas Sparksscher Hysterie und einer dazu passenden Zappeligkeit, wie man sie aus dem No-Wave-Zeitalter oder von hyperaktiven Kindern kennt: "Spiel mit mir, spiel mit mir, spiel mit mir..." Das klingt anstrengend? Ist es auch – aber auch sehr lässig, wenn man das Nervenkostüm einmal etwas abgehärtet ist. (EMI)

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Love is all

Albumcover: EMI

Girlmonster

Eine Anthologie aus dem Hause Chicks On Speed liegt mit der Dreier-CD "Girlmonster" vor. Darauf kompilieren die schon auch ziemlich nervig daherkommenden Chicks persönliche Favoriten und Einflüsse aus der weiblichen Hälfte des Popreichs, zwei Drittel davon bisher unveröffentlicht, was man bei manchen Tracks dann auch schnell versteht.

Trotzdem und der Chicks-On-Speed-Prägung, also einer Neigung zum zart hysterischen, überzeugt "Girlmonster" schrittweise. Zumindest macht es neugierig auf mehr und wer es schafft, den Entdeckergeist beim prinzipiell faulen und hirnträgen Poppublikum zu erwecken, tut schon damit Gutes. Ein paar Appetizer: The Raincoats, Tina Weymouth, Michaela Melian, Electric Indigo, Gustav, Lesbians On Ecstasy, Cosey Fanni Tutti... (Soul Seduction)

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Chicks on speed

Albumcover: Soul Seduction

Melvins: "(A) Senile Animal"

Die begnadeten Schwermetaller haben in den letzten Jahren definitiv zu viel veröffentlicht. Diese Inflation hat ein wenig den Reiz von den wuchtigen, irrwitzigen und mit einem ordentlichen Vogel daherkommenden Alben genommen."

(A) Senile Animal" erscheint da wieder wesentlich konzentrierter, gönnt sich neben Dale Grover einen zweiten Schlagzeuger – drückt also wieder ordentlich alle Knöpfe des Wahnsinns – während König Buzzo am Mikrophon wieder mal auf einem Frosch kaut, also seine "Lyrics" jenseits der Grenze der Verständlichkeit ins Nirwana verbreitet. Weit draußen! (Ipecac/Trost)

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The Melvins

Albumcover: Ipecac/Trost