Gleiten statt fliegen. Ergo: Roller gegen Roller.

Foto: Wolf-Dieter "Graf Foto" Grabner

Meine Güte, was hab ich beim letzten Rollertest Prügel bezogen, weil ich dem X8 Bremsen wie beim Leiterwagl meiner Milchbäurin attestierte. Da lehnten sich einige Mitglieder eines ganz wilden Rollerforums in Deutschland so weit aus dem Fenster, dass sich sogar schon deren Straßenstaubsauger für ihre Besitzer genierten – obwohl das ja umgekehrt sein sollte.

Beim Faber, Importeur für Piaggio und Derbi, hat man gestanden, dass die Bremsen dem fahrerischen Können mancher Stammtischhelden angepasst sein müssen. Damit nicht alle paar Minuten einer wegen eines Köpflers aufs Kopfsteinpflaster ein Kopferlpflaster braucht. Aber, so sagte man mir beim Faber, es gäbe bereits auch Roller, die so sportlich seien, dass man damit auch richtig ankern kann. Den Derbi GP1 solle ich doch probieren.

Hab ich mir also den spanischen Roller, wobei Derbi ja jetzt Piaggio gehört, geschnappt und mich durch die Stadt gebremst. Damit man mir nicht wieder den Vorwurf machen kann, ich hätte einen Roller mit einem Supersporteisen verglichen, ließ ich mir was einfallen. Vergleichen wir halt Roller mit Roller. Derbi vs Deo.

Musste ich nur noch einen Deo-Roller besorgen, der es mit der Derbi aufnehmen kann. Und weil die Derbi perfekt geeignet ist, um mit ihr den schnellen Einkauf zu erledigen, tat ich das auch. Wir besuchten einen Drogeriemarkt auf der Mariahilfer Straße. Die Derbi und ich suchten uns gemeinsam das Vergleichsprodukt aus. Wir entschieden uns für Achselschwitzkiller der Marke "derStandard.at". Hochmodernes Zeug. Da ist der Irksn-Epilierer schon mit drinnen.

Nach dem Zahlen, gerade als die Derbi und ich den Drogeriemarkt auf der MaHü verlassen wollten, schmeißt sich eine blonde Prinzessin zu mir. "Ja so ein gepflegter Mann. Schwitztod von "derStandard.at" haben S’ gekauft, hab ich gesehen. Da musste ich Sie gleich ansprechen. Ich werde Mann, Kind und Hauskatze verlassen und mit Ihnen auf der Derbi in den Sonnenuntergang reiten" hauchte sie mir zu. Oder war es nur ein "Mächtiges Einkaufswagerl, der Herr"? Ich weiß es nicht mehr.

Und während ich aus dem Geschäft glühe, rennt der Graf Foto fast jemanden nieder. Kommen S’ nie drauf. Weiß ich ja. Der Foto-Graf schlechthin, Andreas Bitesnich, kreuzt unseren Weg. Er ist sehr freundlich und zeigt dem Grafen auch gleich, wo er bei seiner Kamera am besten reinschaut und wo der Knopf zum Abdrücken ist. Das kleine Einmaleins des Fotografierens halt.

Der Graf darf sich dann auch gleich an einem Foto mit Andreas und mir versuchen. Naja, nach den vielen Infos vom Herrn Bitesnich war der Graf Foto ein bisserl durcheinander und hat komplett auf die Derbi vergessen. Die ist halt jetzt nicht am Bild. Aber wurscht, ich starte den Rollervergleich.

Pfuh. Der Deoroller stinkt komplett ab. Kann nicht ansatzweise mit der Derbi mithalten. Kein Sitzkomfort, kein gescheiter Lenker, kein Licht, kein Blinker und keine Bremsen.

Die Derbi hätte gewonnen, selbst wenn sie um einen Baum gewickelt gewesen wäre. Aber damit wollte ich es nicht gut sein lassen. Weil, die Derbi reißt mit ihrem 250 ccm Einzylinder, der es auf 11 Fiaker bringt, folglich 22 PS, ganz ordentlich an.

>>> Ganz arg

Nicht nur, dass ich ganz brav jeden Roller damit hergebrannt habe, der mir in den Weg kam. Nein. Selbst hubraumstarke Boxermotoren litten an der schlechten Reaktionszeit ihrer Piloten. Supersportler wurden derbogen, weil – und jetzt kommt’s – die Fahrer zu früh zu bremsen begonnen haben.

Mit der Derbi kann man seinen Bremspunkt ganz spät wählen. Dann reinzangeln bis zum Stillstand. Die Bremsbackln dürften einen leichten Grat gehabt haben, der beim Bremsen über die Scheibe quietschte, dass man mich schon drei Kreuzungen vor der Herbrennung hat hören können. Ganz arg. Das demoralisiert die Gegener natürlich gleich noch mehr.

Während auf der R6 schon wild gezangelt wurde, war ich noch am Gas und, dem noch nicht genug, hab auch noch hörbar bewiesen, wo mein Bremspunkt ist. So was geht einem durch Mark und Bein. Vorne sind zwei 245 mm Scheiben verbaut, in die Zwei-Kolben-Zangen beißen, hinten eine 240 mm Scheibe mit einem Ein-Kolben-Bremssattel. Die Zanglerei reicht jedenfalls für ordentlich lange Striche. In der Klasse der Hockerltreiber eine absolute Macht.

Das Fahrwerk ist für einen Roller top. Wie überhaupt die Derbi, wenn man damit fährt, eher an ein Motorrad erinnert als an einen Roller. Deshalb spielt ja einer der Faber-Mitarbeiter auch schon mit dem Gedanken, den Auspuff ein wenig höher zu montieren und die GP1 dann über den Pannonia Ring zu hetzen. Kann ich mir gut vorstellen, dass eine derartige Aktion für große Augen sorgt. Nicht nur, wenn der Roller aus der Boxenstraße kommt, sondern viel mehr wenn er einen innen überholt. Oder wenn er vor einem ganz arg die Kurve anquietscht.

Jedenfalls ganz klarer Sieg für den Roller von Derbi gegen den von Deo. Ersterer geht wie die sprichwörtliche Sau und schafft es sogar zu Verzögerungswerten, die diesen Namen auch verdienen.

Den höheren Alltagsnutzen hat die Derbi. Viele pfiffige Staulösungen und unter der Sitzbank genug Platz für einen Helm hat nur die Derbi. Olfaktorisch sind aber beide gleich auf. Ob man einen Tag lang mit dem GP1 alles herbrennt, was da ist, oder den Deoroller verwendet – nach beidem stinkt man fürchterlich, wenn man die Irksn lüftet. (Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Wolf-Dieter "Graf Foto" Grabner, derStandard.at, 2.11.2006)