Wien - Ab Freitag wird in der großen Runde der Koalitionverhandlungen Klartext in Budgetangelegenheiten gesprochen. SPÖ und ÖVP legen das Ergebnis des Kassasturzes vor, auf das sie am Mittwoch nach zähen Verhandlungen gekommen sind. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und SP-Chef Alfred Gusenbauer werden darüber hinaus auch die außenpolitischen Richtlinien besprechen, die Außenministerin Ursula Plassnik einer künftigen neuen Regierung empfehlen will.

Wachstumsprognose

Beim schwarz-roten Kassasturz war vor allem strittig, wie hoch die Wachstumsprognose für die kommenden vier Jahre angesetzt werden soll. Während die ÖVP optimistisch von 2,5 Prozent ausging, nahm die SPÖ eher vorsichtig 2,1 Prozent an. Also einigte man sich in der Mitte bei 2,3 Prozent von 2008 bis 2010, was ein Budgetdefizit von 1,30 bis 0,24 Prozent ergeben würde. Ohne weitere Maßnahmen bei Einnahmen oder Ausgaben würde das Budgetdefizit in den kommenden Jahren demnach folgendermaßen ausfallen: 2007 rund 1,58 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), 2008 wären es 1,39 Prozent, 2009 dann 0,72 Prozent und 2010 nur noch 0,24 Prozent. Ein "automatisches Nulldefizit" wird für 2010 also nicht mehr erwartet.

"Sehr viel besseren Defizitpfad"

In diesen Defizitpfad sollen in den kommenden Verhandlungen alle weiteren Maßnahmen eingerechnet werden, die bei den Koalitionsverhandlungen besprochen werden. SP-Budgetsprecher Christoph Matznetter erwartet davon einen "hoffentlich sehr viel besseren" Defizitpfad als den oben prognostizierten. Auch VP-Finanzstaatssekretär Alfred Finz glaubt, "dass das Ist-Ergebnis besser wird als die Prognosen". Finanzminister Karl-Heinz Grasser weist allerdings darauf hin, dass man vom angestrebten ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus noch weit entfernt sei: "Da kann es kein Spielraum für ein Füllhorn geben, das man über Österreich ausschütten könnte."

Welche neuen Ausgaben Rot und Schwarz planen oder wo künftig gespart werden soll, wollen SPÖ und ÖVP in mittlerweile insgesamt 28 Arbeits- und Untergruppen besprechen. Darin sollen alle konsensfähigen Punkte abgeklärt werden, die Streitfälle wandern in die Großgruppe mit den Parteichefs. Außerdem darf keine der Verhandlungsgruppen ihre Ergebnisse vorlegen, ohne mit den Budgetverhandlern um Matznetter und Grasser deren Finanzierbarkeit geklärt zu haben.

Besserung gelobt

Sowohl SPÖ als auch ÖVP gelobten, sich zu bessern und nach dem Gezerre um den Kassasturz nun zügig weiter arbeiten zu wollen. Beide schoben einander wechselseitig die Schuld für die bisherigen Verzögerungen zu. Bei der nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Dienstag im Wiener Rathaus soll es um "Steuerstrukturen" und "Nachhaltigkeit der Soliden Staatsfinanzen" gehen. Eine Erhöhung der Grundsteuer schlossen in diesem Zusammenhang beide Parteien aus.

Eine gute Nachricht gibt es übrigens für die Bundesländer: Sie müssten im Jahr 2010 laut Stabilitätspakt einen Budgetüberschuss von 0,75 Prozent des BIP bringen. Dieses Ziel wurde nun laut Grasser auf 0,4 Prozent reduziert. Der oberösterreichische SP-Verhandler Hermann Kepplinger meinte dazu lakonisch, "es war klar, dass die 0,75 nicht erfüllbar waren".

Mit dem fixierten Procedere für die Budgetgespräche glauben sowohl SPÖ als auch ÖVP, ihr Versprechen nach möglichst hoher Transparenz eingelöst zu haben. (red, DER STANDARD, Printausgabe 27.10.2006)