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Foto: DPA/Gerten
Wien - Versicherungsvermittler nehmen es mit den Informations- und Beratungspflichten ihrer Kunden oft nicht sehr genau. So fragte bei 30 Testkäufen von Lebensversicherungen nicht einmal ein Viertel der Vermittler nach den Vermögensverhältnissen des Antragstellers und hielt das Ergebnis auch schriftlich fest - wie es eigentlich laut einer EU-Richtlinie, die seit Jänner 2005 in Österreich umgesetzt werden muss, vorgeschrieben ist. Dies geht aus einer Studie vor, die das Staatssekretariat für Konsumentenschutz in Auftrag gegeben und am Mittwoch präsentiert hat.

Die Studie untersucht, ob die seit ca. eineinhalb Jahren geltenden gesetzlichen Deklarations-, Dokumentations- und Informationsvorschriften eingehalten werden. Das "erschütternde Ergebnis" präsentierte Konsumentenschutzstaatssekretär Sigisbert Dolinschek (B) nun bei einer Pressekonferenz in Wien. "Versicherungsvermittler geben den Kunden zwar das Gefühl, gut betreut zu sein, die gesetzlichen Informationsvorschriften werden aber nicht sehr genau eingehalten", sagte Dolinschek und forderte Vermittler und Versicherungsunternehmen, deren Produkte vermittelt werden, eindringlich zur Einhaltung der Vorschriften auf.

Testkäufer unterwegs

Verschiedene Versicherungsvermittler, nämlich Versicherungsmakler, Versicherungsagenten, Mehrfachagenten, Strukturvertriebe, Vermögensberater und Banken wurden von fünf Testkäufern aus den Bundesländern Burgenland, Wien, Kärnten, Oberösterreich und Tirol besucht. Die daraus resultierenden 30 Beratungen, 30 Vertragsabschlüsse und 30 Vertragsrücktritte zeigten ein laut Staatssekretär "erschütterndes Ergebnis". So wurde etwa nur in vier Fällen der Kunde wie gesetzlich erforderlich schriftlich davon informiert, ob der Vermittler ausschließlich für eine Versicherungsgesellschaft, für zwei oder mehrere Gesellschaften tätig werden darf. In 26 Fällen wurden die Kunden über den Hintergrund des Vermittlers im Dunkeln gelassen.

Die Vermögensverhältnisse des Kunden wurden offenbar nur mangelhaft überprüft: So wurde überhaupt nur in einem Fall nach bestehenden Schulden und Verbindlichkeiten gefragt bzw. dies schriftlich festgehalten. Die Einschätzung der finanziellen Voraussetzungen ist für den Abschluss einer Lebensversicherung jedoch essenziell. Der Rücktritt vom Vertrag war in 23 Fällen "anstandslos möglich", in 7 Fällen wurden Probleme registriert.

Deklarationsangaben

Überraschend war für den Staatssekretär auch das Ergebnis des Versuchs, die Deklarationsangaben der Vermittler mittels des Versicherungsvermittlerregisters zu überprüfen. Der Studienautor, ein Jurist mit der Zusatzqualifikation eines Versicherungskaufmannes, scheiterte, da statt ordnungsgemäßer Ausweisung oft nur der Firmenname mitgeteilt wurde. Das von der EU geforderte Register kann daher seinen Zweck, dass nämlich die Konsumenten die Angaben der Vermittler überprüfen können, gar nicht erfüllen, kritisierte Dolinschek.

Alle Vermittlertypen seien aufgerufen, für eine Verbesserung in den eigenen Reihen zu sorgen. Dies gelte "selbstverständlich" auch für die Versicherungsunternehmen, deren Produkte vermittelt werden. "Die Vorschriften mögen zwar lästig sein, sollen aber letzten Endes doch eine adäquatere Beratung der Kunden ermöglichen", schloss Dolinschek.

Unabhängige Makler sehen sich im Vorteil

Der Fachverband der Versicherungsmakler sieht in einer Reaktion auf die Studie die Makler im Vorteil gegenüber anderen Versicherungsvermittlern. Makler seien als einzige Vermittler unabhängig und per Gesetz verpflichtet, ausschließlich die Interessen ihrer Kunden zu vertreten. In der Studie hätten Versicherungsmakler in wichtigen Kategorien der Beratungsleistung am Besten abgeschnitten, heißt es in einer Aussendung.

Demnach seien Makler vorwiegend gut auf die Kundenwünsche eingegangen, demgegenüber habe es bei Agenten oder Banken schlechtere Ergebnisse gegeben. Agenten, Berater und Banken hätten etwa im Gegensatz zu Versicherungsmaklern oftmals keine Kopie des Versicherungsantrages ausgehändigt. Zudem sei bei Maklern als einzige Vermittlergruppe ein Rücktritt von einem Vertragsabschluss stets problemlos möglich gewesen.

Unterschiedliche Berufsgruppen

Die im Allgemeinen eher schlecht beurteilten Beratungsleistungen der Vermittlergruppen führt Gunther Riedlsperger, Bundesobmann des Fachverbands der Versicherungsmakler, auf mangelnde Kenntnis über die Unterschiede der Berufsgruppen zurück: Versicherungsmakler seien per Gesetz verpflichtet, auf der Seite des Kunden zu stehen. Agenten hingegen würden stets die Interessen der Versicherung vertreten. Über 95 Prozent der heimischen Industrie und 65 Prozent des Gewerbes beauftragten daher Makler bei der Abwicklung ihrer Versicherungs-Angelegenheiten. Bei Haushalten liege der Anteil hingegen erst bei rund 25 Prozent.

Der Fachverband kritisiert auch die zu geringe Stichprobe für die Studie, bei der 30 verdeckte Testabschlüsse von Lebensversicherungen in Wien, Oberösterreich, Burgenland und Tirol bei fünf unterschiedlichen Berufsgruppen durchgeführt wurden. Wenn man von über 4.500 Versicherungsmaklern in Österreich fünf teste, so könne das kein repräsentatives Ergebnis sein. Zudem sei die Schadensabwicklung gänzlich ausgeklammert worden. Nur Makler stünden per Gesetz auf der Seite der Kunden, im Schadensfall erzielten sie daher die besten Ergebnisse.

Der Fachverband der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten ist die gesetzliche Interessensvertretung dieser Berufsgruppe in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und kümmert sich um die Begutachtung von Gesetzen und um das Lobbying. Weiters werden Aus- und Weiterbildung, Öffentlichkeitsarbeit und die Erstellung von Serviceprodukten koordiniert. (APA)