Linz - "Gefahr im Verzug" sieht der oberösterreichische Anti-Atom-Beauftragte Radko Pavlovec beim südböhmischen Atomkraftwerk Temelin. In einer Pressekonferenz am Montag in Linz warf er den Betreibern "grob fahrlässigen Umgang mit der aktiven Zone" vor und äußerte den Verdacht, dass eine Messmarke nachträglich verändert worden sei, um den Reaktor nicht abschalten zu müssen.

Die so genannten Steuerstäbe des Kraftwerks regeln einerseits die Reaktorleistung und bilden andererseits das Not-Abschaltsystem. Im Notfall-Modus verfügen die Stäbe über keinen Antrieb mehr und fallen heraus. Erreichen sie innerhalb von 3,5 Sekunden ihre End-Position, wird der Reaktor heruntergefahren. Bei einem kürzlich abgehaltenen Expertenworkshop habe der Kraftwerksbetreiber erklärt, dass für die Messung der Fallzeit ein Niveau 30 Zentimeter oberhalb der End-Position herangezogen werde, berichtete Pavlovec.

Es bestehe der Verdacht, dass diese Messlinie nachträglich verändert worden sei, um das Kraftwerk trotz der bestehenden Probleme weiter betreiben zu können, so Pavlovec, denn es habe im Laufe des vergangenen Jahres einen "sprunghaften Anstieg" an Fehlfunktionen gegeben. Funktionierten bei Testmessungen im Oktober 2005 zwei der 61 Steuerstäbe nicht ordnungsgemäß, waren es im Sommer 2006 gar 51, erklärte der Anti-Atom-Beauftragte. (APA)