Gegen bissige Hunde helfen keine zahnlosen Appelle. Kampfhunde gehören verboten, alle anderen an die kurze Leine - auch gegen den Willen der Hundehalter-Lobby, meint Irene Jancsy . Endlich reden wir über Hunde. Ein Bub in Hamburg musste sterben, damit es so weit kommen konnte. 2900 Menschen, darunter 1000 Kinder, die hierzulande pro Jahr mit Hundebissen ins Spital eingeliefert werden, hatten nicht ausgereicht, um das Thema auf den Tisch zu bringen. In einem so notorisch tierlieben Land wie dem unseren gehört ein "kleiner Schnapper" eben genauso zum Alltag wie Hundstrümmerl auf den Gehsteig. Heilsamer Schock? Aber jetzt. Der Tod des kleinen Volkan, der vergangene Woche von einem Pitbull-Terrier zerfleischt wurde, war so grauenvoll wie vermeidbar. Nun hat er jedoch zumindest positive Folgen. Mit einem Mal nämlich darf sogar im hundelieben Wien laut gesagt werden, dass Kampfhunde und rücksichtslose Hundebesitzer eine Bedrohung sind (wer weiß denn schon, wie man sicher an so einem gereizt hechelnden - Pardon - Köter vorbeikommt?), ohne dass ein Aufschrei der Empörung jede weitere Debatte beendet. Dieser Tage trauen sich sogar Politiker, aggressive Hunde als Problem anzuerkennen und über Lösungsvorschläge nachzudenken. Ein Anfang also, immerhin. Schön wäre es, wenn der Schock nun auch zu wirkungsvollen Gesetzen führen würde. Denn gegen bissige Hunde werden halbherzige Maßnahmen nichts nützen. Kampfhunde müssen verboten werden. Hundefreunde und Tierschützer laufen schon Sturm. Was haben wir seit Volkans Tod nicht alles über Kampfhunde erfahren: Es gäbe sie gar nicht, heißt es immer wieder. Schließlich habe jeder Hund ein aggressives Potenzial, das man trainieren könne. Das Problem sei also immer am anderen Ende der Leine zu suchen. Für all jene, die sich vor rabiaten Hunden bedroht fühlen, gehen diese Argumente ins Leere. Wir wissen inzwischen, dass ein ambitionierter Hundehalter auch einen Dackel zur Beißmaschine erziehen kann. Bloß: Das passiert praktisch nie. Und wenn, sind die Folgen eben nicht so verheerend wie bei einem für den Kampf gezüchteten Tier. Pitbulls, Staffordshire-Terrier und andere Hunde, die sich durch "enorme Beißkraft bei niedriger Reizschwelle" auszeichnen, sind nun einmal gerade bei Rechtsradikalen, in der harten Drogenszene und im Rotlicht-Milieu besonders beliebt. Und ganz allgemein bei Menschen, die sich gern stärker geben, als sie sind. Das Risiko, dass die ihre Hunde nicht artgerecht erziehen können oder wollen, ist schlicht zu groß. Da ist auch der immer wieder propagierte Hundeführerschein keine Lösung. Hunde können ausgeborgt, gestohlen, illegal gehalten werden. Wirksame Strafen Solange Kampfhunde auf den Straßen und in den Parks unterwegs sind, werden Passanten und Spaziergänger Grund zur Angst haben. Dabei reicht uns doch schon der Ärger mit herkömmlichen Hunden und ihren Begleitern. Vom gleichmäßig über Wiener Gehsteige und Wiesen verteilten Kot bis zu Hunden, die sich ohne Leine oder Beißkorb über Kinder hermachen, während das Herrl oder Frauerl nur ein indifferentes "der will eh nur spielen" von sich gibt - nicht nur für die Kampfhunde bräuchte es strengere Gesetze. So sollte eine Hundehalterprüfung darüber entscheiden, wer überhaupt zur Hundehaltung geeignet ist. Außerdem sollte für alle Hunde Leinen-und Beißkorbzwang gelten. Hunde, die trotzdem auffällig werden, müssten beschlagnahmt werden. Mit einer obligatorischen Haftpflichtversicherung wäre zumindest die finanzielle Entschädigung von Bissopfern garantiert. Bliebe nur noch der Hundekot. Angeblich sind Hundebesitzer/innen, zumindest in Wien, verpflichtet, beim Gassi-Gehen angefallene Produkte ihres Vierbeiners zu entsorgen. Bloß, wer hat davon schon etwas gemerkt? Wie es anders funktionieren kann, beweisen ausgerechnet die gestressten New Yorker: Dort wird, was der Hund von sich gibt, mit einem Plastiksackerl aufgehoben und im nächsten Mistkübel entsorgt. Sogar die Hundefutter-Industrie nimmt darauf Rücksicht und mischt ihre Produkte so, dass sie nach vollzogener Verdauung wohlgeformt und greiffest ausgeschieden werden. Jeder macht mit. Hohe Strafen haben Wirkung gezeigt. Und noch ein Beispiel aus dem Big Apple: In den Parks gibt es eingezäunte Gehege, in denen Hunde ohne Leine laufen dürfen. Nicht gerade weitläufig, dafür aber sicher. Ansonsten gilt Leinenpflicht. Wien ist anders: Hier werden in den Parks höchstens die Kinderspielplätze eingezäunt. Hunde dürfen frei laufen. Vielleicht sollte auch darüber nachgedacht werden. Das Gekläff, mit dem die Mehrzahl der österreichischen Hundehalter auf solche Vorschläge reagieren wird, ist leicht auszumalen. Die zuständigen Politiker werden entscheiden müssen, wen sie mehr fürchten: die Hunde oder ihre Herrln. Irene Jancsy ist freie Journalistin in Wien.