Radio muss sich von einem Instrument der Massenkommunikation zu einem der Individualkommunikation mit direkter Adressierbarkeit wandeln. Darüber waren sich die Teilnehmer eines Panels der Radiozentrale e.V. im Rahmen der Medientage München , die am Freitag zu Ende gegangen sind, einig. "Ein Wandel in der Programmstruktur, im Marketing und den Angeboten ist notwendig." Getrieben wird dieser Wandel durch die Digitalisierung, die andere Mediennutzungsformen und -inhalte erzeugt.

Individuelle Versorgung

Erwin Linnenbach, Sprecher der Geschäftsführung Regiocast aus Berlin, ist überzeugt, dass Radiosender die "individuelle Versorgung spezieller Zielgruppen" sicherstellen müssen. Ludger Lausberg, Geschäftsführer Bayerische Rundfunkwerbung, sieht das Radio in einer "Leadfunktion für komplexere Medien, beispielsweise Podcasting". Er warnte auch davor, sich nur auf die Musik zur verlassen, und forderte, dass das Radio Contentlieferant für die Hörer sein müsste. Um dies zu erreichen, sollte die Fähigkeit des Radios, schnell und flexibel reagieren zu können, zur Entwicklung einer digitalen Community genutzt werden. "Radio nutzt die digitale Plattform", so Philipp von Martius, Geschäftsführer Studio Gong.

Onlinewerbung

Die Entwicklung im Internet, vor allem geprägt durch die stark steigende Onlinewerbung, gefährdet zudem die wirtschaftliche Existenz des Hörfunks. Robert Bosch, General Manager Online des Axel Springer Verlags, zeigte auf, dass bereits jetzt das Volumen der Onlinewerbung jenes der Radiowerbung überflügelt hat. Zwar sahen die Teilnehmer der Diskussionsrunde das Radio derzeit noch in einer starken Position in der Mediennutzung der Konsumenten. Diese ist aber durch die Digitalisierung und dem damit verbundenen geänderten Nutzerverhalten gefährdet. So beklagte Linnenbach die Zersplitterung der deutschen Radiolandschaft mit 331 Radiosendern und ca. 2.000 Gesellschaftern, was die Bewältigung der zukünftigen Anforderungen erschwert. Als Leitlinie für die zukünftigen Aufgaben forderte er "ein Individualradio für Lieschen Müller".

In einem anderen Panel "Radio auf Abruf?" wurde nach Strategien und Geschäftsmodellen im Internet gefragt. In einer Studie von podcastumfrage.de wurde festgestellt, dass sich der Boom bei Podcastangeboten negativ auf die Nutzung von Hörfunk und TV auswirkt. Keine oder nur geringe Auswirkungen hat Pocasting jedoch auf Printprodukte.

Sehr stürmisch

Die Entwicklung von Podcastangeboten wird von Alexander Wunschel, Marketingverein München, als sehr stürmisch gesehen. So gibt es derzeit weltweit ca. 71.000 Podcastkanäle mit einer durchschnittlichen Downloadrate von 1.000 bis 1.500 Downloads pro Kanal. Insgesamt werden monatlich etwa 7,7 Mio. Episoden herunter geladen. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass sich der Markt sehr schnell entwickelt und sich die Sender auf den neuen Nutzertyp einstellen müssen.(pte)