Erholung von Körper und Seele ohne Ablenkungen.

Foto: Bad Luhacovice
Foto: Bad Luhacovice
Am Morgen huschen die Kurgäste, oft nur notdürftig in einen Mantel gehüllt und mit Badeschlapfen beschuht, zu einer der Quellen, füllen sich den Becher mit dem typischen Schnabelgriff voll und spazieren dann gemächlich zum Hotel zurück, während sie immer wieder ein Schlückchen vom Wasser nehmen.

Nüchtern muss man das machen und ohne Hast. Dann entfaltet das Mineralwasser am besten seine heiltätige Wirkung, sagt Dr. med. Jiøí Hnátek, Chefarzt im Kurhotel Palace. Und am späten Nachmittag oder abends wird die Prozedur wiederholt, selbstverständlich bereits mit einer Mahlzeit intus. Und weil das Wasser recht salzig ist, kaufen sich die Kurgäste dann gerne eine der Oblaten, die in den verschiedensten Geschmacksrichtungen - von Vanille bis Haselnuss - überall frisch angeboten werden.

Gegen alle möglichen Probleme der Atemwege helfen die Quellen, weshalb nicht nur Kinder mit der typischen Umweltkrankheit Asthma hierher kommen. Auch die tschechischen Schauspieler und Sänger suchen gerne den Kurort auf. Bei einer der angebotenen Kuren wird das Wasser verdampft, mit Kalzium versetzt und in einen Raum geblasen. Da sitzen dann die Kurgäste, atmen und singen lautstark tschechische Weisen - weil eine Bewegung der Stimmbänder dann besonders gut ist. Ja, und heilsam suhlen kann man sich in dem Wasser natürlich. Alle Beherbergungsunternehmen haben dafür Holz- oder die moderneren Kupferwannen. Schon 1669 schrieb der Brünner Arzt Jan Hertod aus Todtenfeld, das Wasser zögere gar den Körperverfall hinaus.

Bad Luhaèovice liegt gerade einmal dreieinhalb Stunden von Wien entfernt, idyllisch am Fuße der Weißen Karpaten. Kein Wellness-Schnickschnack, kein Erlebnisbad samt Unterwassermusik und extrabreiter Rutsche lenkt von dem Zweck ab, Körper und Seele zu erholen. Stattdessen: Vier der insgesamt 15 Quellen sind in Brunnen gefasst und warten im Kurpark oder in einem der Wäldchen auf Besucher. Dabei spaziert man vorbei an Hotels, Wasserkuranstalt, Musikpavillon und sonstigen Kurgebäuden, die allesamt von so ausgesuchter Schönheit sind, dass der berechtigte Antrag gestellt wurde, das ganze Kurparkgelände in das Unesco-Weltkulturerbe aufzunehmen. (Die während des Realsozialismus prominent hingebaute, überdachte Promenade zur Hauptquelle Vincentka muss man dabei ignorieren).

Holzig bunte Eleganz

Um die vorletzte Jahrhundertwende nämlich lebte hier der slowakische Architekt Duaan Jurkoviè. Auf Geheiß der Luhaèovicer Kurverwaltung baute er in einem Stil, den man "volkstümliches Art déco" nennen könnte. Die Gebäude, meist Fachwerkbauten aus Holz, vereinen die Eleganz des Jugendstils mit der Buntheit der südmährischen Folklore. Die meisten Arbeiten Jurkoviès und die anderer Jugendstil-Architekten sind mittlerweile innen wie außen tiptop restauriert, nur das Sommerflussbad, ebenso ein kleines Juwel, dämmert noch vor sich hin und kann derzeit nur von außen besichtigt werden.

Am Abend dann, wenn das Mahl in den Pensionen eingenommen wurde, klappt Bad Lu-haèovice wie jeder Kurort die Gehsteige hoch. Aber die lebenslustigen Einwohner wollen fortgehen, sich amüsieren. Von irgendwo kommt Musik und in irgendeinem Beisel oder Restaurant geht immer die Post ab. Eine Band spielt auf der Hammondorgel alte Hadern, das Tanzparkett ist gerammelt voll und gar nicht wenige Gäste tanzen gekonnt und mit altmodischer Eleganz.

Will man dem Kurbetrieb entfliehen, gibt es viele Möglichkeiten für Ausflüge in die Umgebung. Etwa zum Bat'a-Kanal, einer 55 Kilometer langen Wasserrinne, die der gleichnamige Schuhfabrikant anlegen ließ und die teilweise die March nutzt. Lange Jahre vergessen, wird der Kanal jetzt wieder touristisch genutzt, sodass man sich dort Boote verschiedenster Größe mieten kann. An schönen Tagen erinnert die Landschaft dort an Südfrankreich. Nur die Preise sind anders - rund die Hälfte billiger nämlich. (Johanna Ruzicka/Der Standard/Printausgabe/21./22.10.2006)