"Ich habe einen Ruf zu verlieren", zeigt sich die Direktorin Heidi Schrodt empört.

Foto: Stadt Wien
Die Lehrer der AHS Rahlgasse haben eine Fortführung des Schulversuchs "Modulare Oberstufe" abgelehnt. Das war erst der Anfang. Nach Falschmeldungen kam es zu einem Zerwürfnis zwischen Direktorin Heidi Schrodt und der Stadtschulratspräsidentin.

*****

Wien - Mehr Autonomie für die Schulen und frei wählbare Schwerpunktsetzung für die Schüler: Das verspricht die Oberstufenreform, deren Speerspitze die "modulare Oberstufe" ist, ein Kurssystem, das in einigen AHS als Schulversuch getestet wird. Über die Durchführung entscheiden Schüler, Lehrer und Eltern selbst - durch Abstimmungen, die immer wieder zu Unstimmigkeiten führen können; nicht aber gleich zur Absetzung einer Direktorin, wie die Presse in ihrer Donnerstag-Ausgabe behauptete - und damit einen beträchtlichen Wirbel auslöste.

Im renommierten Wiener Gymnasium Rahlgasse fiel nämlich die Abstimmung der Lehrer über eine Ausweitung des Schulversuchs negativ aus, sehr zum Ärger der Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SP), einer glühenden Verfechterin des Modulsystems. Der Presse-Bericht, dass sie daraufhin Direktorin Heidi Schrodt abgesetzt habe, sei jedoch eine "Zeitungsente, ein völliger Blödsinn", erklärte Brand-steidl dem Standard.

Seit Herbst dieses Jahres wird in der Rahlgasse in Wien-Mariahilf - wie auch in acht anderen Wiener AHS - ab der sechsten oder siebenten Klasse im Modulsystem unterrichtet. Das bedeutet, dass die Schüler nicht Klassen, sondern Module absolvieren, in die die Fächer gegliedert werden. Damit entfällt auch das klassische "Sitzenbleiben", da - ähnlich wie auf der Uni - nur das entsprechende Modul wiederholt werden muss und nicht das gesamte Schuljahr.

Nachdem sich Eltern und Schüler des Gymnasiums Rahlgasse mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen hatten, dass auch jene Schüler, die im kommenden Schuljahr in die sechste Klasse kommen, an dem Schulversuch teilnehmen, befürworteten dies "nur" 62 Prozent der Lehrer, also nicht eine notwendige Zwei-drittelmehrheit. Wegen formaler Mängel muss die Abstimmung nun allerdings bis Jänner wiederholt werden.

Es sei schulrechtlich nicht legal, dass die Abstimmung anonym abgehalten wurde und die Frage nicht mit Ja oder Nein zu beantworten war, begründet Brandsteidl. "Es gibt keine Vorgaben darüber, ob die Abstimmung offen oder geheim sein soll," beteuert hingegen Direktorin Heidi Schrodt, die die Zeit bis zur nächsten Abstimmung nutzen will, um offene Fragen zu klären. Da der Stadtschulrat die Abstimmung bereits fünf Wochen nach Beginn des Schulversuchs anordnete, seien Unsicherheiten der Lehrer nicht verwunderlich.

Eine offene Aussprache zwischen der profilierten Direktorin, die sich stets für grundlegende Veränderungen des Schulsystems ausspricht, und der Stadtschulratspräsidentin steht noch aus. "Ich habe einen Ruf zu verlieren", zeigt sich Schrodt erschüttert über die Anschuldigungen.

Brandsteidl wirft ihr dennoch "Führungsschwäche" vor, da das System in allen anderen Schulen funktioniere, aber es in der Rahlgasse nicht gelungen sei, ein "commitment" mit den Lehrern herzustellen. "Vielleicht werden sich die Lehrer eines Besseren besinnen" hofft Brandsteidl. (Karin Krichmayr/DER STANDARD Printausgabe, 20. Oktober 2006)