Es tut sich nichts. Das aber immer schneller. So in etwa könnte man die Grundstimmung beschreiben, die dieser Film recht paradigmatisch für das Vorwahl-Österreich des Jahres 1999 entfaltet. Der Schauplatz: Fohnsdorf in der Steiermark, das größte Dorf Österreichs, nach der Schließung des Braunkohlereviers ein trübseliges Umfeld für unverdrossen optimistische Werbeplakate für den damaligen SPKanzler Viktor Klima. Die Protagonisten: Ein Grüppchen junger Männer und Frauen, mehr oder weniger auf verlorenem Posten in diesem Ort, aus dem viele abgewandert sind. Die allgemeine Verfassung: dahinstolpern an wenig Sinn stiftenden Arbeitsplätzen (Drogeriemarkt, Trafik, Fließband), als Single oder in eher weniger erfüllenden Beziehungen, bei gleichzeitiger Dauerstrapazierung von Trinksprüchen – „woanders is a net anders“.

 

Kotsch: Den Titel des vom Fohnsdorfer Gregor Stadlober mit Liebe zum Lokalkolorit geschriebenen Films –mankann ihn als Art von mehr oder weniger schmerzhaften K. o. („autsch!“) lesen. Inspiriert von amerikanischen Grunge- Komödien wie Richard Linklaters Slacker und möglicherweise auch vom deutschen Verlierer-Humor aus dem Umfeld von Detlev Buck, entwickelt Kotsch als Tragikomödie beträchtlichen Abstand zu heimischen kabarettistischen Mustern. Mehr noch: Mögen auch die gestalterischen Mittel des Theaterregisseurs und Kinodebütanten Helmut Köpping noch limitiert sein, so legt er hier doch einen kleinen Film vor, in dem man gewissermaßen die Konturen einer größeren erzählerischen Abhandlung zur heimischen Befindlichkeit wahrnehmen kann.

Dies liegt zum einen am Drehbuch, das seine Charaktere (kongenial verkörpert von Christoph Theußl, Andreas Kiendl, Michael Ostrowski, Michael Fuith oder der großartigen Ursula Strauss) nicht auf Pointenproduktion reduziert. Es liegt an der Wahl eines kleinstädtischen Milieus und von Arbeitswelten, die im heimischen Spielfilm gerne übersehen wurden. Und wenn sie „gesehen“ und erzählt werden, dann meist unter dem Argument Verwahrlosung und Tristesse.

So sehr Kotsch Verzweiflungen auslotet, so sehr bleibt er gleichzeitig ein auf vitale Umgestaltungsmöglichkeiten vertrauendes Werk. Das ist, so einfach es klingen mag, nicht zu unterschätzen – erst recht nicht im heimischen Kino, in dem sich Volksheroen gerne lustig auf ihren Ressentiments ausruhen.

Wenn etwa am Ende ein älterer Barbesitzer zu Attwengers Woam werden zu tanzen beginnt, dann schwingt da – so offen das Ende insgesamt bleibt – eine neu gewonnene Freude an der Eigeninitiative mit. Wenn gleichzeitig im Film Austropop-Wahnwitz wie Klaus Prünsters „Wunderwelt“ zitiert wird, dann geschieht das ohne jede beschönigende Nostalgie, sondern es macht gleichsam die Ö3-Hitparade und Pop- Unkultur als Symptome einer allgemeineren Lähmung neu lesbar.

Claus Philipp, Kulturressortleiter und Filmkritiker des Standard