Von den Bewohnern wird sie liebevoll "Papageien-Siedlung" genannt. In den Ersatzbauten für die einstigen Hochhäuser fühlen sich die Mieter wohl.

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Das Ende der Hochhäuser auf dem Harter Plateau. Nach 30 Jahren waren sie abgewohnt, es folgte die Sprengung.

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Selten waren sich die Mieter so einig: Das neue Leben in den "Stadtvillen" und der "Papageien-siedlung" ist schön. Den gesprengten Hochhäusern auf dem Harter Plateau weint niemand nach. Bestimmte doch zum Schluss die Tristesse den Alltag.

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"Wenn ich im Wintergarten sitze, schaue ich auf ein weites Feld", die Begeisterung ist nicht zu überhören. Auch fünf Jahre nach der Übersiedlung schwärmt Pensionistin E. noch von der neuen Wohnung, die sich eigentlich nicht gerade in einer begehrten Wohngegend von Linz befindet: auf dem so genannten Harter Plateau.

Das Gebiet im Vorort Leonding direkt an der Grenze zur oberösterreichischen Landeshauptstadt, haftet das Image an, heruntergekommen zu sein. "Mir gefällt es hier, ich würde niemals weggehen", sagt die Pensionistin. Vor 32 Jahren, als sie aus der Innenstadt hinauszog, wurde sie noch von so manchen beneidet. War doch das Harter Plateau in den 70er-Jahren noch der Inbegriff für modernes Wohnen - die gemeinnützige Industrie-Wohnungsaktiengesellschaft "Giwog" hatte dort die ersten beiden Linzer Hochhäuser errichtet. 60 Meter hohe Türme aus Stahlbeton, 20 Stockwerke für je 240 Mietwohnungen.

Bausünde gesprengt

Auf die Anfangseuphorie folgte die Ernüchterung. Anonymität und eine hohe Fluktuation der Mieter bestimmte das Leben in den überdimensionierten Wohnsilos. Die Anlage verkam mehr und mehr. Nur knapp 30 Jahre nach Errichtung der einstigen Wohnmusterbauten wurde von der "Bausünde" Harter Plateau gesprochen. Diese wurde schließlich am 13. April 2003 in 20 Sekunden weggesprengt. Und damit "auch mein halbes Leben", sagt die Pensionistin, allerdings ohne erkennbare Wehmut. Sie wollte es ebenso wie 93 Prozent aller Mieter.

Bereits zwei Jahre vor der Sprengung wurde mit der Absiedlung der Bewohner begonnen. Die Giwog hatte in unmittelbarer Nachbarschaft der alten Wohntürme Siedlungen im Grünen gebaut. Auch dies entsprach den Wünschen der Hochhausbewohner. Um eine mehrheitsfähige Lösung für das Problem Harter Plateau zu finden, hatte die Giwog beschlossen, diese gemeinsam mit den Mietern zu suchen. Die Aufgabe wurde an das Soziologie-Institut sowie das Institut für Gesellschaftspolitik der Johannes-Kepler-Universität Linz übergeben.

Bei einer Befragung stellte sich heraus, dass die Bewohner nicht in einen anderen Stadtteil wollten, lediglich der "Getto-Charakter" missfiel. So entstanden 14 "Stadtvillen", vier Geschosse hoch mit je 23 Wohnungen, sowie die Papageien-Siedlung (auch "Wohnen im Park" genannt) mit Fassaden in leuchtendem Gelb oder Grün. Walter Brunner, Vizebürgermeister (SPÖ) von Leonding, zuständig für Raumplanung, hält die Umsiedlung für ein "Vorzeigemodell": "Sie ist gelungen."

Imagepolitur

Noch nicht gelungen ist hingegen die Verwertung des 85.000 Quadratmeter großen Areals, auf dem die Hochhausanlage stand. Es soll ein "urbanes Zentrum" entstehen mit Wohnungen und Gewerbegebieten, sagt Brunner. Die Planungen laufen noch. Es muss ein "architektonisch hochwertiges" Viertel entstehen, stellt er klar. Nur so könne es gelingen, den Ruf des Harter Plateaus zu verbessern.

Die Wohnqualität passe nämlich inzwischen wieder. "Unsere Vorstellungen wurden eben auch berücksichtigt", sagt Frau E. So seien die Grundrisse aus den alten Wohnungen übernommen worden, damit die Möbel auch in die "Stadtvilla" passen. Die Mieten blieben ebenfalls gleich, insofern sei es ihr und ihrem Mann nicht schwer gefallen, nur wenige hundert Meter weiter in die neue Wohnung zu ziehen. Ganz zu schweigen von der großzügigen Terrasse und dem Blick auf die weiten Felder vom Wintergarten aus. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.10.2006)