Wien - Nach der zweiten Koalitionsverhandlungsrunde gibt sich die ÖVP besorgt um die politische Einflussnahme der SPÖ bei der Besetzung von Spitzenposten. Laut Gesundheitsministerin Maria-Rauch Kallat hat die SPÖ in den Verhandlungen versucht, bei zwei Spitzenpositionen in Gesundheitsagenturen, die es regulär zu besetzen gilt, Einfluss zu nehmen. Ähnliches ortet Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) in Sachen ÖIAG.

Grasser berichtete von einem Telefonat, in dem SPÖ-Finanzsprecher Christoph Matznetter versucht habe, bei einem staatsnahen börsennotierten Unternehmen Einfluss auf eine Postenbesetzung zu nehmen. Beide Fälle hätten heute zu einer Grundsatzdiskussion über dieses Thema geführt, so Rauch-Kallat.

Auch Grasser besorgt

"Am meisten Sorgen macht mir, dass die SPÖ nicht einmal grundsätzlich gesagt hat, dass man keine politischen Eingriffe bei Postenbesetzungen wolle", gab sich auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser besorgt. Das Beispiel des ÖIAG habe gezeigt, dass man mit der Entpolitisierung staatsnaher Unternehmen Erfolg habe. Diesen Kurs müsste weitergeführt werden. Er selbst habe sich nie bei Postenbesetzungen eingemischt.

Der Finanzminister erklärte außerdem, er habe dem Verhandlungspartner eine Bestandsaufnahme der Staatsfinanzen überreicht. Bis zur nächsten Verhandlungsrunde am Freitag nächste Woche wolle er sich mit Matznetter auf eine "gemeinsame Sichtweise" einigen. Bei allen Projekten müsse man sich stets die Frage nach der finanziellen Leistbarkeit stellen. Nur auf diese Weise könnte man das Ziel des Null-Defizits 2008 einhalten, das für Grasser immer noch oberste Priorität hat.

Als sachlicher als zuletzt bezeichnete Außenministerin Ursula Plassnik die Stimmung der Verhandlungen. Sie selbst wird bis nächste Woche einen Bericht zur Außen- und Europapolitik ausarbeiten, der dann im Plenum diskutiert werden soll.

Cap bezeichnet Grassers Vorwürfe als haltlos

Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap wies die Postenschacher-Vorwürfe der ÖVP nach der zweiten Koalitionsverhandlungsrunde in einer Aussendung Dienstagabend entschieden zurück. Grassers Anschuldigungen seien lediglich ein Versuch, den Spieß umzudrehen. "Diese Regierung ist nicht zuletzt deswegen abgewählt worden, weil die Menschen vom schwarz/blau/orangen Postenschacher und den Einfärbungen genug haben", so Cap.

"Schüssel, Grasser und Co." hätten daraus aber nichts gelernt und würden diese Praxis munter fortsetzen und versuchen, in letzter Minute Parteigänger und Freunde zu versorgen. Das und nichts anderes habe die SPÖ auch in den heutigen Gesprächen thematisiert. (APA)