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Foto: AP/Keystone/Steffen Schmidt
Haifa - Das Mienenspiel eines Menschen scheint zumindest teilweise vererbt zu sein. Zu diesem Ergebnis ist eine Studie der University of Haifa mit blinden Menschen und ihren Angehörigen gekommen. Laut Experten wiesen die Forschungsergebnisse darauf hin, dass der Ausdruck für bestimmte Emotionen nicht ausschließlich durch die Eigenheiten der Gesichter erlernt wird, die sie in der Jugend gesehen haben. Details der Studie wurden in dem Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Science veröffentlicht.

Um zu verstehen, in welchem Verhältnis Angeborenes und Erworbenes zu einander stehen, wurde von den Wissenschaftlern eine Gruppe bestehend aus 21 blind geborenen Teilnehmer und 30 ihrer Verwandten zusammengestellt. Die 51 Freiwilligen wurden gefilmt, als sie sich an glückliche, traurige und unerfreuliche Ereignisse in ihrem Leben erinnerten, während sie sich auf Puzzles konzentrierten, eine blutrünstige Geschichte hörten oder ihnen eine unerwartete Frage in einem Kauderwelsch gestellt wurde.

Mimische Statistik

Diese eine Stunde dauernden Sitzungen wurden analysiert, jede einzelne Veränderung wie das Heben einer Augenbraue oder ein Schürzen der Lippe notiert. Die so gewonnenen Informationen wurden von einem Computer-Programm erfasst, das die Sequenzen und Frequenzen dieser Gesichtsbewegungen mittels eines ausgeklügelten Statistikprogramms analysierte.

Laut dieser Analyse neigten die blinden Teilnehmer deutlich dazu, wütende, traurige und nachdenkliche Gesichtsausdrücke zu zeigen, die jenen ihrer Verwandten entsprachen als jenen von Fremden. Dieses Ergebnis war insofern auffällig, dass sie die Gesichter ihrer Familienmitglieder nie gesehen hatten.

Laut der Wissenschaftlerin Gili Peleg kannte ein Teilnehmer seine biologische Mutter bis zum 18. Lebensjahr nicht, da er bei der Geburt zur Adoption freigegeben worden war. "Als wir die Ähnlichkeiten in ihrem Mienenspiel sahen, war das einfach verblüffend." Der Mimik-Experte Anthony Little von der University of Stirling geht davon aus, dass diese Forschungsergebnisse auf einen genetischen Einfluss hindeuten könnten.

Evolutionäre Grundlage

Peleg vermutet, dass Gene die Muskel- und Nervenstruktur des Gesichts beeinflussen könnten. Das wiederum könnte zu biologischen Rahmenbedingungen führen, die den Gesichtsausdruck unter Verwandten ähnlicher werden lassen. David Matsumoto von der San Francisco State University kann sich sogar vorstellen, dass die Ähnlichkeit des Minenspiels innerhalb der Familie eine evolutionäre Grundlage haben könnte. "Familienähnlichkeit beim Gesichtsausruck hat wahrscheinlich für die Menschen einen adaptiven Wert zur Unterscheidung von Verwandten und Nichtverwandten."

Bei drei Gesichtsausdrücken der blinden Teilnehmer - Freude, Überraschung und Ekel - gab es laut New Scientist keinen deutlichen Unterschied zu Familienmitgliedern und Fremden. Verantwortlich dafür dürfte sein, dass es sich um allgemein ähnlichere Gefühlslagen handelt, die keinen genetischen Variationen unterliegen. (pte/red)