Zur Person

Hans Winkler (61) ist seit Juli 2005 Staatssekretär im österreichischen Außenamt. Der Jurist steht seit 36 Jahren im diplomatischen Dienst, zuletzt als Leiter des Völkerrechtsbüros und Vize-Generalsekretär im Außenamt.

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Handel kann armen Ländern Wandel bringen- wenn er mit der Entwicklungspolitik abgestimmt ist, erklärt Staatssekretär Hans Winkler im Gespräch mit Christoph Prantner.

STANDARD: Der öffentliche Diskurs dreht sich jüngst vor allem um den sicherheitspolitischen Sicherheitsbegriff. Ein Fehler?

Winkler: 1994 ist ein erweiterter Sicherheitsbegriff im Human Development Report des UNDP (UN-Entwicklungshilfeprogramm, Anm.) erstmals vorgekommen. Die Sicherheitsstrategie der EU fasst Sicherheit, einschließlich Menschenrechten und Demokratie, ebenfalls sehr breit.

Wir sind also schon sehr lange der Ansicht, dass reine militärische Sicherheit, souveräne Territorialsicherheit, überholt ist und man sich einem viel weiteren Sicherheitsbegriff zuwenden muss. Dieser muss insbesondere die Menschen und nicht die Staaten in den Mittelpunkt stellen. Die österreichische Außenpolitik setzt deswegen schon lange etwa auf Menschenrechte, Frauen- oder Demokratieförderung.

STANDARD: Ein Drittel der österreichischen EZA-Projekte beschäftigen sich mit Menschenrechten und Demokratieförderung. Der Erfolg solcher Initiativen ist meistens nicht unmittelbar zu messen.

Winkler: Es ist wahr, dass es in den Bereichen Good Governance und Human Security Schwierigkeiten gibt. Flüchtlingsbewegungen, AIDS, militärische Konflikte werfen uns sehr oft zurück.

Insgesamt aber sind Fortschritte erkennbar. In unseren Schwerpunktländern haben wir einiges erreicht, was zur Entwicklung einer gesünderen Gesellschaft beigetragen hat. Wir knüpfen zum Beispiel Entwicklungsprojekte an das Kriterium einer nachweisbar zweckgemäßen Verwendung. Mittel gehen dabei nicht unbedingt direkt an Regierungen, um nicht Gefahr zu laufen, womöglich korrupten Regierungsstellen bedingungslos Geld in die Hand zu drücken.

Die EU prüft ebenfalls genau, welche Projekte die Länder selber ausarbeiten und fördert diese entsprechend. Die Projekte müssen im Einklang mit den entwicklungspolitischen Strategien und den Werten der EU stehen. Wichtig ist auch, Handels- und Entwicklungspolitik aufeinander abzustimmen.

Unter österreichischer Präsidentschaft konnten wir uns auf einen strategischen Ansatz zur Reduzierung von Zielkonflikten einigen. Wir wollen damit sicherstellen, dass wir nicht mit der einen Hand Entwicklungshilfe leisten und mit der anderen dem gleichen Land, das sich vielleicht gerade in einer sicherheitspolitisch kritischen Lage befindet, Waffen verkaufen.

STANDARD: Stichwort Wirtschaft und Entwicklung. Dieser Ansatz ist in Österreich sehr umstritten. Besonders viele NGOs wehren sich dagegen, weil sie helfen und nicht Geschäfte machen wollen.

Winkler: Ich habe den Eindruck, dass wir mit den NGOs sehr gut zusammenarbeiten. Es gibt natürlich immer noch Unterschiede. Die österreichische Entwicklungspolitik hat auch einen wirtschaftspolitischen Ansatz. Natürlich wollen wir auch Märkte erschließen. Die Partnerländer sollen in die Lage versetzt werden Handel zu treiben und auch unsere Produkte zu kaufen. Dazu müssen sie aber erst einmal selbst weltmarktfähige Produkte herstellen können, mit deren Handel Einkommen generiert und Infrastruktur entwickelt werden kann. Erst dann ist Entwicklung möglich. Das liegt auf der Hand.

STANDARD: Mehr als zehn Schwerpunkt- und Partnerländer der österreichischen EZA liegen in Subsahara-Afrika. Für die Region weisen die UN-Berichte über das Erreichen der Millenniumsziele kaum Fortschritte aus.

Winkler: Es gibt Indikatoren, dass es auch dort Fortschritte gibt. 1990 mussten noch 28 Prozent der Weltbevölkerung von weniger als einem Dollar am Tag leben, 2002 waren es 19 Prozent. Das sind messbare Erfolge, obwohl dieses Wort in diesem Zusammenhang fast schon zynisch anmutet. Bis jetzt hat noch niemand ein Patentrezept gefunden, wie man diese Entwicklung beschleunigen kann. Aber: Es gibt ein klares Bekenntnis der entwickelten Staaten zu den Verpflichtungen in den Millenniumszielen. Das sind keine Lippenbekenntnisse, das ist völkerrechtlich verbindlich. Und kein Staat, der etwas auf sich hält, kann es sich leisten, diese nicht einzuhalten. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2006)