Foto: Gerhard Wasserbauer

Vis-à-vis vom Hietzinger Ur-Plachutta sperrte jetzt das "Mario" auf. An der Ecke Lainzer und Hietzinger Hauptstraße wird Mediterranes mit System geboten

Fotos: Gerhard Wasserbauer

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Die Hietzinger mögen zwar rundum versorgt in dicken Villen sitzen, standesgemäß essen gehen müssen sie aber anderswo: Bis auf wenige gutbürgerliche Gaststätten und den Urmeter der Plachutta-Kette findet sich kaum ein Lokal im entlegenen Nobelbezirk, das der wohlstandssatten Ambiance entsprechen würde.

Deshalb war die Freude groß, als Mario Plachutta sein lang erwartetes, neues Projekt aus der Taufe gehoben hat. Es heißt "Mario" ("Plachutta" war ja schon vergeben. . .) und ist seit der ersten Stunde ausgebucht. "Ich bekomme rührende Dankesbriefe aus dem Bezirk, seit wir geöffnet haben", erklärt Plachutta. Als italienisches Lokal will der neben Attila Dogudan wohl erfolgreichste Austro-Gastronom sein neues Restaurant freilich nicht verstanden wissen: "Das geht sich nicht aus. Ich kann schwer in der Wollzeile als Rindfleischpate Plachutta ins Auto einsteigen und in Hietzing als Ober-Maccheroni Mario ankommen", lacht Plachutta. "Nein, die Küche ist dem Mediterranen stark verbunden, die Idee hab' ich aber aus Amerika, wo die Kombination von Pasta und Grill seit langem erprobt ist."

Auch die Gestaltung des Restaurants birgt wenig Überraschungen: helles Holz, dunkles Leder, eine lange Bar und jede Menge Personal in langen Schürzen, das sich leider, wie in anderen Betrieben des Gastro-Multis auch, nicht immer auf der Höhe des Erwartbaren bewegt.

Nur medium oder well-done

Zwar wird die exzellente Tapenade, die zum Brot gereicht wird, ohne Aufforderung nachgebracht, sobald das Schüsselchen leer ist. Wer aber sein Ribeye-Steak medium-rare bestellt, bekommt zu hören, dass "wir das hier nicht so servieren können." Warum? "Weil das Fleisch sonst zäh wird, wir machen nur medium oder well-done." Dass ausgerechnet im Lokal des "Rindfleischpaten" kurz gebratenes Steak zäh werden kann, mag verblüffen: Überall sonst ist das eher bei zu langem Braten der Fall. Spätestens, wenn es, obwohl so "rot wie erlaubt" bestellt, schließlich komplett durchgebraten (und ziemlich schmal geschnitten) zu Tisch kommt, sind derlei Überlegungen freilich hinfällig. Neben Ketchup und Estragonsenf (?) gibt es dazu, wie zu allen Fleischgerichten, Zucchiniauflauf und Erdäpfeldukaten, die sich als angebratene Scheiben einer Art Erdäpfelterrine entpuppen. "So können wir sicherstellen, dass die Dinge stets in gleichbleibender Qualität zu Tisch kommen", erklärt Plachutta das Beilagen-Konzept.

Davon abgesehen hat das Gebotene aber durchaus beachtliche Qualität. Vitello tonnato ist auf den Punkt gebratener Kalbstafelspitz mit geradlinig abgeschmeckter Thunfischsauce, die Jakobsmuscheln auf bissfesten Belugalinsen sind frisch und saftig, auch die Currysauce zu den – leider klebrigen - Gnocchi erfreut mit fruchtiger Schärfe. Fisch und Meeresfrüchte (serviert mit Gemüse und Polenta) sowie die üblichen Edelteile der fleischigen Art (Lammkoteletts, Hendlbrust, Schweinsfilet und Steak) werden durchwegs gegrillt. Die Weine kommen je zur Hälfte aus Österreich und aus Mittelmeerländern, im Hintergrund sorgt cooler Tango-Sound für mondäne Geräuschkulisse, und wer die Türe mit der Aufschrift "Mario" nimmt, der landet nicht etwa im Büro des Chefs, sondern am Herrenklo. (Severin Corti/Der Standard/Rondo/13/10/2006)