Die Grünen proben einen kantigen Oppositionskurs gegen die künftige Regierung. Im Visier steht dabei vor allem die SPÖ, deren Glaubwürdigkeit massiv infrage gestellt wird. Maria Vassilakou, Chefin der Wiener Grünen, holt zum Rundumschlag aus.

Wien - Maria Vassilakou wähnt sich angesichts der eben gestarteten Regierungsverhandlungen in einem "Theater des Absurden". Was SPÖ und ÖVP schon in der Anfangsphase ihrer Gespräche geboten hätten, lasse "in Hinblick auf die Regierung das Schlimmste befürchten". Während die Schwarzen als "schlechte Verlierer" auftreten, zeigten sich die Roten als "schlechte Verhandler".

Grüne im Einklang

Mit ihrem Rundumschlag ist Maria Vassilakou, Chefin der Wiener Grünen, nach Bundessprecher Alexander Van der Bellen und seiner Stellvertreterin Eva Glawischnig die dritte grüne Spitzenpolitikerin, die den Sozialdemokraten nur wenige Tage nach der Wahl "jegliche Glaubwürdigkeit" abspricht.

Sie ärgere sich besonders über die "Mogelpackung Grundsicherung", sagte Vassilakou zum STANDARD. Wer die Pläne der SPÖ im Detail durchlese, bemerke, dass in einigen Bereichen sogar eine Verschärfung der derzeitigen Situation angedacht sei - etwa, was den Passus betreffe, dass zur Gegenfinanzierung auch das Vermögen der jeweils betroffenen Person herangezogen werden solle. Vassilakou: "Das verschärft Notsituationen noch zusätzlich."

Zudem vermisst die Grüne Integrationssprecherin auch Ideen zur Ausländerpolitik: "Wenn man schon davon spricht, dass eine große Koalition auch große Projekte haben sollte - warum hat dann niemand Ideen, wie wir künftig mit Migration und Integration umgehen sollen?" Dieses Thema sei eine der "größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte", aber der SPÖ sei bis dato nur eingefallen, "gemeinsam mit der ÖVP die Fremdengesetze zu verschärfen".

Hinter den Attacken der Wiener Grünen-Chefin steckt bereits eine größere Strategie der Gesamtpartei. Van der Bellen und Co erwarten offensichtlich nicht mehr, dass es noch Gespräche über eine Regierungsbeteiligung (etwa in einer roten Minderheitsregierung) geben könnte. Nun trimmen sich die Grünen auf Oppositionskurs - vor allem in Bezug auf die mögliche Kanzlerpartei SPÖ.

Aktiver als bisher

Man sei nun einmal "erste Oppositionspartei", diese Rolle werde man auch "auf ganz neue Weise anlegen", heißt es bei den Grünen. Auch Eva Glawischnig, die am kommenden Donnerstag als Dritte Nationalratspräsidentin nominiert werden soll, werde "im Sinne der Minderheitenrechte im Parlament aktiver sein als das bisher üblich war".

Eurofighter-Ausstieg

Zudem soll es in den nächsten Wochen immer wieder Wortmeldungen grüner Spitzenfunktionäre geben, wenn etwa die Themen Bildung, soziale Sicherheit, Frauenförderung, Umweltschutz und Eurofighter-Ausstieg auf der Agenda der Koalitionsverhandlungen stehen. Der Ton wird durchaus rauer werden.

"Wir werden genau prüfen, ob die SPÖ zur Umfaller-Partei wird, nur, um mit der ÖVP regieren zu dürfen", sagt Grünen-Sprecher Lothar Lockl. Neuwahlen will bei den Grünen dennoch niemand. Vassilakou: "Man möge uns dieses Theater ersparen. Es ist unerträglich, dass kein Tag ohne peinliche Auftritte vergeht." (Petra Stuiber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.10.2006)