Berlin - Der SPD-Politiker Ottmar Schreiner hat seiner eigenen Partei vorgeworfen, schuld am Entstehen einer gesellschaftlichen Unterschicht zu sein. "Armut und soziale Ausgrenzung sind nicht über uns gekommen, sie sind das Ergebnis der Politik von Gerhard Schröder", sagte das Mitglied des SPD-Parteivorstands dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag".

Vor allem die liberalistische Arbeitsmarktpolitik Hartz IV des ehemaligen Bundeskanzlers habe dazu geführt, dass Millionen Menschen keine Chance mehr hätten, "aus dem Niedriglohnsektor mit seinen Hungerlöhnen herauszufinden".

Die "Bild am Sonntag" berichtete unterdessen unter Berufung auf eine repräsentative Studie von TNS Infratest im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, in Deutschland sei eine neue gesellschaftliche Unterschicht entstanden. Ihr gehörten acht Prozent der Bevölkerung an - 20 Prozent der Ostdeutschen und vier Prozent der Westdeutschen.

Den Angaben zufolge litten diese Menschen unter größter finanzieller Unsicherheit, sehr niedrigem monatlichem Haushaltseinkommen, kaum Wohneigentum oder finanzielle Rücklagen, Schulden und wenig familiären Rückhalt. Die "neuen Armen" zeigten ausgesprochene Verunsicherung, fühlten sich gesellschaftlich im Abseits, auf der Verliererseite und vom Staat allein gelassen. Viele glaubten, "die Abschottung gegenüber Ausländern" löse ihre Probleme.

Die SPD-Spitze bewerte die Ergebnisse als "handfesten gesellschaftlichen Skandal", berichtete die Zeitung. Die Studie fließe jetzt in die Debatte um das neue Grundsatzprogramm der SPD ein. SPD-Chef Kurt Beck wolle einen "Bildungsaufbruch" organisieren, um den Kindern der Unterschicht den Aufstieg zu ermöglichen. Teil der Pläne seien beitragsfreie Kindergärten und der Ausbau von Ganztagsschulen. (APA/Reuters)