Zuerst droschen sie ein paar Autoscheiben ein, bis Anwohner Alarm schlugen. Die drei eintreffenden Polizisten wurden mit einem Steinhagel empfangen. Auch die Scheiben des Polizeiwagens gingen in Brüche, doch als der Fahrer den Rückwärtsgang einlegen wollte, hatten die rund vierzig Gewalttäter bereits den Weg mit einem Autowrack abgeschnitten. Bilanz der Operation: Drei Verletzte – die Polizisten.
Einem wurde Tränengas direkt in die Augen gesprayt, ein anderer wurde verprügelt, der dritte bekam einen Stein an den Kiefer geworfen. Er verlor ein paar Zähne und kam gestern, Montag mit 30 Nähten aus dem Spital. „Das macht jetzt insgesamt 90 Stiche“, meinte ein Kollege sarkastisch, da der betroffene Polizist vor drei Jahren bei einer Banlieue-Randale bereits von einem Wurfgeschoss am Hals verletzt worden war.
Keine Provokation
Ein Polizist auf der gleichen Wache konnte sich den plötzlichen Gewaltausbruch nicht erklären. Auch von einer „Provokation“ durch die Polizei könne keine Rede sein: Die Richter hätten sämtliche Jugendliche, die in der Vorwoche wegen kleineren Delikten verhaftet worden seien, auf freien Fuß gesetzt. Ob das vielleicht den gut geplanten Hinterhalt erklärt? Auf jeden Fall war es nicht der erste der Woche gewesen. Im Nachbarort La Courneuve war eine Polizeipatrouille drei Tage zuvor von einer dreißigköpfigen Bande angegriffen und vertrieben worden, als sie Autodieben nachsetzte.
„Sie wollen keine Polizei mehr auf ihrem Territorium“, meinte ein anonymer Ordnungshüter in einer Pariser Zeitung lakonisch. „Seit einem Jahr ist Lage in Seine-Saint-Denis ungeheuer gespannt.“ Das nördlich von Paris gelegene Department war schon im November 2005 Ausgangsort der schweren Banlieue-Krawalle gewesen, die mit fast 10.000 angezündeten Autos endeten.
Seither ist in der Banlieue nur dem Schein nach Ruhe eingekehrt. Im September gingen in ganz Frankreich – namentlich bei heißen Banlieue-Wochenenden – „nur“ noch 3000 Autos in Flammen auf, wie ein Polizeisprecher die monatliche Kriminalstatistik kommentierte. Auch die Zahl der Mülleimer sei um zehn Prozent zurückgegangen.