Der Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer hat mit seinem Vorschlag, eine Pflichtversicherung für Freizeitunfälle einzuführen, in ein Wespennest gestochen. Die Versicherungen und die Krankenkassen reagierten gleichermaßen pikiert. Dass beim Skifahren, Fußballspielen oder Reiten die Verletzungsgefahr groß ist, weiß jeder, der diese Sportarten betreibt. Doch keinen Sport zu treiben, ist auch ungesund.

Vom Grundsatz her ist Felderers Ansage aber schon diskussionswürdig: Warum sollte die Allgemeinheit dafür geradestehen, wenn sich jemand mit einem Gleitschirm auf dem Rücken einen Felsen hinunterstürzt oder andere Risikosportarten betreibt? Aber wo zieht man die Grenzlinie? Sollen nur Sportarten, die von einer breiten Masse der Bevölkerung betrieben werden, von der "normalen" Versicherung abgedeckt werden? Hier einen Konsens zu finden, ist praktisch unmöglich.

Auch der Ansatz, die Gesundheitsgefährdung als Kriterium heranzuziehen, ist realitätsfern. Felderers Vorschlag, dass jeder Raucher, der mehr als eine gewisse Menge von Nikotin konsumiert, höhere Prämien zur Krankenversicherung zahlen soll, ist nicht praktikabel. Wer kontrolliert das? Dann müsste sich auch jeder, der an einem Tag einige Glaserl Wein zu viel getrunken hat, selbst anzeigen. Oder wer mehr als einmal in der Woche einen Schweinsbraten isst. Man könnte es auch über eine eigene Gesundheitsabgabe versuchen – etwa aufs Leberkässemmerl.

Damit rüttelt man an den Grundfesten des österreichischen Sozialstaats und kündigt den Solidargedanken auf. Fix muss bleiben, dass jeder nach einem Unfall jeglicher Art behandelt wird und nicht extra dafür zahlen muss. Ein gangbarer Weg wäre es, Nachlass bei Versicherungsprämien für jene zu gewähren, die regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen gehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.10.2006)