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Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, das neue Leiberl und Russlands Chef Wladimir Putin (v.li).

Foto: Reuters
Die russischen Besucher, angeführt von Präsident Wladimir Putin, müssen den Verantwortlichen des einstigen Arbeiterklubs Schalke aus Gelsenkirchen wie die reichen Onkel aus dem Osten erschienen sein. Bis zu 125 Millionen Euro will der russische Energieversorger Gasprom in den kommenden fünf Jahren für die mit 120 Millionen Euro hoch verschuldeten Schalker springen lassen - vorausgesetzt, der Erstligist aus dem Ruhrpott siegt überall, wo es etwas zu gewinnen gibt, also auch in der Champions League. Für heuer zeichnet sich allerdings noch keine Teilnahme ab.

Egal, fürs Erste ist Schalkes Präsident Gerd Rehberg glücklich, dass der Geldsegen im Zuge von Putins Deutschland-Besuch fix vereinbart wurde: "Mit diesem Vertrag stoßen wir in eine neue Dimension vor, wir sind stolz, dass sich der weltweit größte Konzern für uns entschieden hat." Schließlich spielt man jetzt auch finanziell in der gleichen Liga wie der FC Bayern München, dem Trikot-Sponsor Telekom rund 20 Millionen Euro pro Saison überweist.

Doch Rehberg weiß, welche Debatten nun auf den Klub zukommen werden, also fügt er gleich hinzu: "Gasprom ist ein Sponsor und wird den Verein nicht übernehmen. Schalke wird nie ein zweites Chelsea." Denn während der fünfmonatigen Verhandlungen des Klubs mit den russischen Investoren trieb viele treue Fans im strukturschwachen Gelsenkirchen vor allem eine bange Frage: Was tun, wenn Gasprom bei den Königsblauen auf Schalke die Macht übernimmt - wie es der russische Milliardär Roman Abramowitsch beim FC Chelsea getan hat? Da beruhigt auch Finanzvorstand Josef Schnusenberg: "Wenn einer der Herren von Gasprom bei Schalke Mitglied wird, hat er genau eine von 60.000 Stimmen."

Doch auch nach dem größten Deal in der 102-jährigen Vereinsgeschichte will Schalke nicht auf große Einkaufstour gehen. "Für Ronaldinho oder Ronaldo reicht das leider nicht aus", sagt Schnusenberg. Trainer bleibt vorerst auch Mirko Slomka. Das Gerücht, dass Christoph Daum demnächst in der Gelsenkirchner Veltins-Arena sein Comeback als Bundesliga-Trainer feiern könnte, wollte niemand bestätigen.

"Gut fürs Revier"

Für den ersten Kontakt zwischen Gasprom und Schalke hatte übrigens der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder gesorgt. Ihn verbindet ja nicht nur eine Freundschaft mit Putin, er führt auch den Verwaltungsrat von "Nord Stream" an - jener Firma, die die umstrittene Gaspipeline durch die Ostsee bauen will und zu 51 Prozent Gasprom gehört.

Doch Schröder ist eigentlich Fan des rund 40 Kilometer weiter östlich von Gelsenkirchen beheimateten Erzrivalen Borussia Dortmund. Aber Geld stinkt bekanntlich nicht, deshalb kann Schröder über den Schalke-Deal freimütig sagen: "Mich freut das außerordentlich. Das ist gut fürs Revier und für den Traditionsverein." Es heißt, Gasprom habe zunächst ohnehin bei Dortmund angeklopft. Aber dort stand den Chefs nach dem wenig erfolgreichen Börsengang der Sinn eher nach Bodenständigem.

Auch der BVB wird nun on einem Energiekonzern gesponsert. Die Essener RAG ist allerdings eine große Nummer kleiner als Gasprom. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 12. Oktober 2006, Birgit Baumann aus Berlin)