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Es gehört heute zum guten Ton, im Internet auf neue Trends aufmerksam zu machen. Um den Leserinnen und Lesern des Werblogs ausreichend Stoff für Zustimmung, Ablehnung oder Beleidigung zu liefern, möchte ich mich dieser Übung nicht entziehen und berichte nochmals vom Golden Drum aus Portoroz.

Nein, ich berichte nicht, dass Österreich mit 10 Trommeln sehr gut abgeschnitten hat.

Nein, ich weigere mich standhaft darüber zu schreiben, wohin "der Trend" in der Werbung geht. (Er geht wie seit Jahren überall hin, wo er vorher noch nicht war.)

Ja, es gibt dennoch etwas Neues. (Neu in dem Sinn, dass es zwar immer schon da war, jetzt aber einen Namen bekommt.)

Es heißt: Interpassivität. (Wenn es eine Interaktivität gibt, muss es ja auch eine Interpassivität geben.)

Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek verwendete diesen Begriff in seinem Referat vor Werbe- und Marketingleuten. Um besser zu verstehen, welches Phänomen er damit meint, hier ein paar Beispiele:

• Digital-Recorder nehmen unsere Lieblingsfilme auf, die wir daher nicht mehr selbst ansehen müssen
• Das Dosen-Lachen der Sitcoms erspart uns eigenes Lachen
• Slogans wie "Das schmeckt...." und ähnliches ersparen uns eigene Geschmacksurteile
• Promis unterschreiben Petitionen, womit sie uns eigenes Handeln/Spenden/Protestieren ersparen
• Jenny Holzers Laufschriften, die den Leser durch Wiederholung so ermüden, dass sie sich schließlich nur mehr selbst lesen

Mehr darüber unter: wikipedia.org/wiki/Interpassivität.

Meiner Meinung nach hat Slavoj Žižek hier eine der wichtigsten Funktionen von Werbung gut erkannt. Eine, die von der viel beschworenen Interaktivität weder abgelöst noch verdrängt wird. (Ansonsten trug Žižek in der anschließenden Diskussion mehr zur Verwirrung als zur Klärung der Köpfe bei; seine zahlreichen Publikationen neigen zur Unlesbarkeit, was ich allerdings ihrer hypertrophen Sprache zuschreibe.)

Zur Interpassivität gehören auch Experten, die Meinungen formulieren, die man sich nicht mehr selbst zu bilden braucht. Ich hoffe, durch diesen Beitrag dieses Service ausreichend geboten zu haben.