China fordert Verhandlungen
Der chinesische Präsident Hu Jintao hat Nordkorea nach dessen Atomtest vor weiteren Schritten gewarnt, die zu einer Verschärfung der Lage führen könnten. In einem Telefongespräch mit US-Präsident George W. Bush sagte Hu am Montag der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge, die Krise solle durch Verhandlungen gelöst werden. Die beteiligten Staaten sollten alles vermeiden, was die Situation eskalieren oder außer Kontrolle geraten lassen könne. Nach Ansicht Chinas gebe es immer noch Spielraum, um Nordkoreas Ambitionen auf eine atomare Bewaffnung durch Verhandlungen zu beenden.
Bush hatte vom UN-Sicherheitsrat, in dem China Vetomacht ist, eine sofortige Reaktion gefordert, nachdem Nordkorea am Montag erklärt hatte, erstmals eine Atombombe getestet zu haben. Experten hatten damit gerechnet, dass ein Atomtest China zum Überdenken seiner Beziehungen zum ebenfalls kommunistischen Nordkorea bringen könnte.
Hu verwies auch auf die offizielle Reaktion des chinesischen Außenministeriums, das den Atomtest als "unverschämt" bezeichnet hatte. China ist der größte Zahler von Hilfsgeldern an Nordkorea, hat Sanktionen gegen die Regierung in Pjöngjang aber stets abgelehnt. Bei einem Besuch in Nordkorea im vergangenen Jahr wurde Chinas Präsident Hu als ein Freund des Landes gefeiert.
Der britische Premierminister Tony Blair nannte den Atomwaffentest Nordkoreas einen "völlig unverantwortlichen Akt". Er zeige, wie sehr die Regierung in Pjöngjang die Weltöffentlichkeit missachte, erklärte Blair am Montag. "Die internationale Gemeinschaft hat sie (die Nordkoreaner) wiederholt aufgerufen, von Raketen- und Nukleartests Abstand zu nehmen. Diese erneute Herausforderung zeigt Nordkoreas völlige Missachtung der Sorgen seiner Nachbarn und der gesamten internationalen Gemeinschaft."
Das Außenministerium in London nannte den Atomtest einen "höchst provokativen Akt" und kündigte eine "robuste" Reaktion an. In diplomatischen Kreisen hieß es, Großbritannien werde bei den Vereinten Nationen in New York aktiv auf eine rasche und scharfe Verurteilung Nordkoreas durch eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates hinarbeiten. Der Nukleartest könne "nur die Spannungen in einer bereits spannungsgeladenen Region nur noch weiter verstärken und wird international Rückwirkungen haben", hieß es der Erklärung des britischen Außenministeriums.
USA: Provokation
Die USA bezeichneten den angeblichen Atomtest als "Provokation". Sollte sich der Test als wahr herausstellen, müsse das ein "unverzügliches Handeln" des UNO-Sicherheitsrates zur Folge haben, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow. Außenministerin Condoleezza Rice stehe in telefonischem Kontakt mit ihren Amtskollegen weltweit, hieß es weiter.
EU: "Inakzeptabel"
Die EU hat den nordkoreanischen Atomwaffentest scharf verurteilt. Die Ausführung des Tests sei "inakzeptabel", und die EU arbeite mit der internationalen Gemeinschaft an einer "entschiedenen internationalen Antwort auf diesen provokativen Akt", hieß es am Montag in einer Erklärung der finnischen Ratspräsidentschaft. Der Atomwaffentest stelle eine "ernste Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit" dar.
Die EU urgiert, dass Nordkorea alle Atomwaffen und bestehenden Atomprogramme aufgebe. Weiters soll Nordkorea von weiteren Tests Abstand nehmen, Nuklearwaffen öffentlich abschwören und sofort und ohne Bedingungen zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückkehren. Nordkorea müsse seinen Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag und aus den Sicherheitsbestimmungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) nachkommen. Die EU fordert in der Erklärung Pjöngjang weiters dazu auf, den internationalen Atomteststopp-Vertrag (CTBT) zu unterzeichnen.
UN-Teststopp-Behörde verurteilt Atomtest-Erklärung
Die UN-Behörde für die Überwachung des Internationalen Atom-Teststopp-Abkommens (CTBTO) hat den vermutlichen nordkoreanischen Atomwaffentest verurteilt. Überwachungsstationen der Behörde hatten am frühen Montagmorgen entsprechende seismische Erschütterungen aus dem angeblichen Testgebiet empfangen und die Messungen an die Unterzeichnerstaaten des Abkommens weitergeleitet. Ob es sich tatsächlich um einen unterirdischen Atomwaffentest gehandelt habe, wollte die Behörde nicht bestätigen.
CTBTO-Chef Tibor Toth betonte, die Erklärung Nordkoreas, wonach das Land einen Atomtest vorgenommen habe, "verstößt gegen den Buchstaben und den Geist des "umfassenden Atom-Teststopp-Abkommens". Er hoffe nach wie vor, dass auch Nordkorea dieses zehn Jahre alte Abkommen unterschreiben und ratifizieren werde, hieß es in einer am Abend in Wien verbreiteten Erklärung.
Nach Angaben des Chefs der UN-Behörde wurde das Abkommen inzwischen von 176 Staaten unterzeichnet und von 135 ratifiziert. Es kann aber erst in Kraft treten, wenn zehn wichtige Staaten, darunter Atomwaffenstaaten wie die USA, es ratifizieren. Die Regierung George Bush lehnt dies jedoch bisher strikt ab.
Südkorea versetzte seine Armee in Alarmbereitschaft und warnte das
nördliche Nachbarland vor einer nuklearen Aufrüstung. "Unsere
Regierung wird auf ernste Weise reagieren, in Übereinstimmung mit dem
Prinzip, dass es kein Nordkorea duldet, das über die Atombombe
verfügt", erklärte Präsidentensprecher Yoon Tae Young in Seoul. Das
Verhalten Nordkoreas sei eine "schwere Bedrohung des Friedens und der
Stabilität nicht nur auf der koreanischen Halbinsel, sondern auch in
Nordostasien", sagte Yoon. Russland "äußerst beunruhigt" Nordkoreas nördlicher Nachbar Russland hat
deutliche Kritik am Atomwaffentest des Regimes in Pjöngjang geübt.
Der Test sei ein Beweis für die "äußerst beunruhigende Entwicklung"
Nordkoreas auf dem Weg zu eigenen Atomwaffen, sagte der Vorsitzende
des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Konstantin Kossatschow,
am Montag in Moskau. Die internationalen Sechser-Gespräche zu
Nordkorea mit China, Japan, Südkorea, Russland und den USA müssten
dringend wieder aufgenommen werden. Eine Stellungnahme der russischen
Regierung lag zunächst nicht vor. Kossatschow übte in diesem Zusammenhang auch Kritik an der
Nordkorea-Politik der USA. Der Atomwaffentest sei eine Folge des
"massiven Drucks", den die Regierung von US-Präsident George W. Bush
auf die Führung in Pjöngjang ausgeübt habe. Russland und Nordkorea
haben auf 60 Kilometer eine gemeinsame Staatsgrenze. Israel befürchtet Folgen für iranisches Atomprogramm Israel sieht im Atomwaffenstest Nordkoreas
eine "Provokation" und plant eine offizielle Protestnote. Das
berichtete das israelische Radio nach Angaben der Zeitung "Haaretz"
(Online) am Montag unter Berfung auf Regierungskreise. Das Thema wird
den Angaben zufolge auch eine Rolle bei einer Sondersitzung des
Kabinetts am Donnerstag spielen, bei der Ministerpräsident Ehud
Olmert zur "atomaren Bedrohung" aus dem Iran Stellung nehmen will. Der führende Politiker der mitregierenden Arbeitspartei und
Ex-General Ephraim Sneh erklärte, der nordkoreanische Atomtest habe
die Schwäche der internationalen Gemeinschaft offenbart. Sie sei
unfähig, "Paria"-Staaten in die Schranken zu weisen, meinte er in
Anspielung auf den Umgang mit dem iranischen Atomprogramm. Vielleicht werde der Fall Nordkorea dem Westen eine Lehre in
Hinblick auf den Iran sein, meinte Sneh. Die israelische Politik
sollte das Geschehen nutzen und die internationale Gemeinschaft zu
überzeugen versuchen, "bevor es zu spät ist". Politische Kreise in Israel berichteten, man werde die möglichen
Auswirkungen des nordkoreanischen Atomtests auf die Situation im Iran
untersuchen. Die beiden Fragen seien miteinander verbunden, hieß es. Steinmeier warnt vor Erodierung des Atomwaffensperrvertrags
Der deutsche Außenminister Frank-Walter
Steinmeier (SPD) hat sich besorgt geäußert, dass der Nukleartest
Nordkoreas zu einer weiteren Unterhöhlung des Atomwaffensperrvertrags
führen könnte. Der Vertrag, mit dem eine Weiterverbreitung von
Atomwaffen verhindert werden soll, könnte weiter erodiert werden,
sagte Steinmeier am Montagabend im ZDF-"Heute-Journal". "Wir wollen die Bevölkerung nicht treffen, aber ohne Reaktionen
darf ein solches Verhalten nicht bleiben", sagte Steinmeier zu den
ersten Beratungen der fünf Vetomächte im Weltsicherheitsrat über
Sanktionen gegen Nordkorea am Montagabend in New York. Es müsse
zugleich bei dem Versuch bleiben, das nordkoreanische Regime von
seinem verhängnisvollen Weg abzubringen. Gerade jetzt müsse geprüft
werden, ob es einen Weg zurück zu den Sechs-Parteien-Gesprächen über
Nordkoreas Atomprogramm gebe. An den festgefahrenen Gesprächen sind
außer Nord- und Südkorea auch China, Japan, Russland und die USA
beteiligt. Howard: "Deutliche
internationale Reaktion" gefordert Der australische Premierminister John Howard sagte zum Waffentest:
"Der Test hat die Region destabilisiert und Nordkoreas eigene
Sicherheit untergraben." Howard forderte eine "deutliche
internationale Reaktion". Er rief die Vereinten Nationen auf, sich
umgehend auf Sanktionen gegen Nordkorea zu einigen. Es sei empörend,
dass Nordkorea seine hungernde Bevölkerung von der Weltgemeinschaft
verpflegen lasse, um mit seinem eigenen Geld gleichzeitig
Atomambitionen zu finanzieren. Bildt: "Bewusste
Provokation Schwedens Außenminister Carl Bildt nannte den Test eine "bewusste
und ernste Provokation der gesamten internationalen Gemeinschaft". Es
handele sich um eine "außerordentlich ernste Entwicklung mit
Konsequenzen sowohl für die Stabilität im östlichen Asien wie die
globalen Anstrengungen gegen die Ausbreitung von Kernwaffen". Der
norwegische Außenminister Jonas Gahr forderte den UNO-Sicherheitsrat
zum Handeln gegen Nordkorea auf. In Kopenhagen sagte der dänische
Außenminister Per Stig Möller, er befürchte ein neues atomares
Wettrüsten zwischen den asiatischen Staaten. Teheran reagiert zurückhaltend Der Iran hat am Montag mit diplomatischer
Zurückhaltung auf den Atomwaffentest in Nordkorea reagiert. Der
Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Mohammed-Ali Hosseini
sagte, der allgemeine Standpunkt des Iran sei klar. Teheran sei im
Prinzip für eine atomwaffenfreie Welt. Er hoffe, dass die
Verhandlungen über die nordkoreanischen Atomaktivitäten in einer
Weise vorankommen, die sowohl den Interessen Nordkoreas als auch
denen der internationalen Gemeinschaft gerecht wird. Der Iran selbst steht im Verdacht, mit seinem Nuklearprogramm nach
Atomwaffen zu streben. Teheran hat dies jedoch stets bestritten und friedlichen Absichten beteuert. IAEO "bedauert" Atomtest
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) hat ihr "Bedauern" über den ersten Atomwaffentest Nordkoreas zum Ausdruck gebracht. Generaldirektor Mohamed El Baradei bedaure den Schritt "zutiefst" und sei "voll tiefer Sorge", hieß es in einer IAEO-Aussendung am Montag. Der Atomtest bedrohte die Nicht-Weiterverbreitungsmaßnahmen und bedeute "ernsthafte Herausforderungen im Sicherheitsbereich" für die internationale Gemeinschaft. Die IAEO sprach von einem "Rückschritt" im Kampf für ein Moratorium auf Atomwaffentests und für die atomare Abrüstung. El Baradei forderte erneut das baldige Inkrafttreten des Verbotsvertrages für Atomwaffentests (CTBT). Der IAEO-Chef glaubt auch weiterhin daran, "eine Verhandlungslösung" für den Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm zu finden. Die Verhandlungsparteien sollen "umgehend" die Gespräche wieder aufnehmen. Der Beschluss eines Vertrages für das Verbot von Atomwaffentests (CTBT) wurde im Jahre 1996 in Genf gefasst. 44 Staaten, die sowohl an der Genfer Abrüstungskonferenz 1996 Teil genommen haben, als auch "nukleare Anlagen" besitzen, müssten den Kooperationsvertrag unterzeichnen und ratifizieren, damit dieser verbindlich wird - darunter Pakistan, Indien und Nordkorea, die jedoch alle den Vertrag bisher nicht unterzeichnet haben. (APA/Reuters/dpa)