Wolfgang Ziebart.

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STANDARD : Infineon Austria feiert hier in Graz derzeit die Erweiterung seiner Forschungskapazitäten. Von den vielen Problemen, die Infineon hat, ist nicht viel zu bemerken.

Wolfgang Ziebart: Das Infineon-Image ist überall gut, nur nicht in Deutschland. Uns hängt da noch immer nach, dass der Hype 2000 uns voll erfasst hatte und die vielen Wechselbäder, die darauf folgten, prägen noch immer das Image. Aber wenn man in die Zukunft schaut, muss man uns zugestehen, dass wir in den Bereichen, in denen wir jetzt tätig sind, gut aufgestellt sind.

STANDARD: Der Finanzmarkt sieht das aber nicht so. Etwa beim Börsengang der Infineon-Speichersparte Qimonda in New York.

Ziebart: Der Börsengang fiel zeitlich mit dem Nahostkrieg zusammen, weshalb wir mit einem Ausgabekurs von 13 Dollar unter dem lagen, was wir uns erhofft hatten. Der Wert hat sich jetzt aber dahingehend erholt, wo wir uns dachten, dass er liegen sollte: nämlich zwischen 16 und 18 Dollar.

STANDARD: Was passiert jetzt mit Qimonda?

Ziebart: Wir wollen mittelfristig nicht die Mehrheit halten, sondern betrachten das auch als Finanzbeteiligung, der wir operativ keine

Einschränkungen auferlegen. Denn die grundsätzliche Überlegung zu der Abspaltung bleibt ja: Das Speicherchipgeschäft hat ganz andere Erfolgsfaktoren als das Leistungschipgeschäft. Beide Branchen haben ganz verschiedene Zyklen.

STANDARD: Also ein weiterer Verkauf der Qimonda-Anteile?

Ziebart: Wir haben keinen direkten Zeitplan dafür. Die Frage hängt nicht nur von der Qimonda-Performance ab, sondern inwieweit Infineon Geld braucht. Denn wir haben bei Infineon die Möglichkeit für organisches Wachstum, aber wir können auch die finanziellen Freiheiten, die uns Qimonda gibt, für Wachstum verwenden. Etwa durch einen schnelleren Ausbau unserer Fertigung in Kulim, Malaysia. Das wäre auch meine bevorzugte Variante. (Anm.: Das Werk in Kulim ist eine Tochter der Infineon Austria.) Möglich ist aber auch, dass wir eine Akquisition tätigen. Aber so etwas ist schwer planbar und noch nicht konkret. Wir wollen nämlich keine Visionen kaufen. Wir sehen aber eine Reihe von Möglichkeiten bei Start-ups, die zu klein sind, um sich richtig vermarkten zu können. Und es gibt die Möglichkeit, sich in Japan, wo es nicht einfach ist, Kundenbeziehungen aufzubauen, dies über den Kauf eines japanischen Halbleiterherstellers zu tun.

STANDARD: Trotz dieser vielen Pläne bleibt die Tatsache, dass der Finanzmarkt die Abspaltung des Speichergeschäfts nicht goutiert. Die Hauptkritik lautet, dass Infineon damit sehr viel kleiner geworden ist, weltweit vom 7. auf den 11. Platz abrutschte und damit die Economies of Scale unvorteilhafter geworden sind.

Ziebart: Die Betrachtungen über die absolute Größe eines Halbleiterherstellers haben vor zehn Jahren gegolten. Heute gilt Größe nur mehr bei Speicherchips und PC-Prozessoren, weil dort Fertigungsstückzahlen zählen. In den Sektoren, in denen wir arbeiten, ist das irrelevant.

STANDARD: Warum?

Ziebart: Das ergibt sich aus der Tatsache, dass der Forschungs- und Entwicklungsaufwand in einigen unserer Segmente extrem hoch ist und einen Anteil von bis zu 35 Prozent des Umsatzes mit dem Produkt ausmachen kann. Wichtiger als absolute Marktgröße ist deshalb, welchen Marktanteil man in dem jeweiligen Segment hat und da sind wir mehrheitlich gut aufgestellt. Ein Großteil des Infineon-Umsatzes ist heute in Bereichen, wo wir die Nummer eins oder zwei am Weltmarkt sind. Also etwa bei Leistungschips, die weniger Energie verbrauchen, bei Chipkarten oder bei Automotive-Chips. Ich verhehle aber nicht, dass es Probleme gibt ...

STANDARD: ... etwa im Wireless-Bereich durch die Siemens-Benq-Pleite.

Ziebart: Siemens-Benq war unser größter Kunde in diesem Segment und hat 15 Prozent des Umsatzes in der Kommunikationssparte, fünf Prozent des Gesamtumsatzes gebracht. Wir hatten gesagt, dass wir in vier Quartalen von jetzt profitabel sein wollen. Das wird durch den Konkurs sehr schwierig. Wir prüfen, wie wir die ursprüngliche Planung einhalten können und dabei ist von Vorteil, dass Siemens-Benq schon zuletzt eine weniger wesentliche Rolle gespielt hat. Zum Ausgleich suchen wir Neukunden; der koreanische Handyhersteller LG ist da ein erster Erfolg. Aber es sollen noch weitere kommen.

STANDARD: Sie haben den Job als CEO von Infineon im September 2004 angetreten. Ihr Vorgänger, Ulrich Schumacher, wurde kürzlich durch die Aussage des ehemaligen Geschäftspartners Udo Schneider schwer belastet. Infineon hat die Hälfte der Abfindung eingefroren.

Ziebart: Ich kann dazu nicht viel sagen, das ist Aufgabe des Infineon-Aufsichtsrats. Aber es ist durch das Geständnis von Herrn Schneider eine neue Situation entstanden. Was daraus folgt, wird sich erst in den nächsten Wochen ergeben. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.10.2006)