Einmal mehr wirft Nokia

mit seinem jüngsten "Multimedia-Computer" N95, der im nächsten Frühjahr alles neu machen soll, für Benutzer die Frage auf, ob ein Gerät eine Reihe anderer - Fotoapparat, Musikspieler, GPS-Navigationssystem, Blackberry um die wichtigsten zu nennen - ersetzen kann. Natürlich muss man das N95 noch genauer unter die Lupe nehmen, die ersten Hands-On-Eindrücke von einer Präsentation reichen nicht, um dazu im Detail ein Urteil abzugeben.

Foto: Nokia

Aber nicht erst die

Fünf-Megapixel-Kamera des N95, was vor gerade zwei Jahren bei Kompaktkameras Stand der Kunst war, schon die aktuellen Handys von Sony Ericsson (die sich unter Sonys Fotomarke "Cybershot" als vollwertige Kamera andient) und das Nokia N73 mit drei Megapixel Autofocus-Kamera) rechtfertigen eine neuerliche Bewertung der "All in One"-Philosophie.

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Das hat eine praktische Seite:

Das Handy (anders als Kamera oder MP3-Player) ist ein Begleiter, ohne den wir sowenig aus dem Haus gehen wie ohne Schlüssel oder Geldbörse. Und eine Kamera am Handy dabei zu haben, auch wenn sie träger reagiert und etwas geringere Qualität hat, ist immer besser als keine dabei zu haben - zum Beispiel um so unangenehme Dinge wie einen Parkschaden zu dokumentieren, oder angenehmere Augenblicke festzuhalten. Dazu leisten diese beiden Handys exzellente Dienste: Man muss sich für die Bilder nicht entschuldigen, und sie sind nicht nur für Web und E-Mail, sondern auch 10x15 -Ausdrucke, teils sogar größere, zufrieden stellend.
Beim Musikplayer haben diese Handys noch aufzuholen - unter anderem einen schnelleren USB-Anschluss an den PC/Mac. Unerklärlicherweise haben nur wenige Handys einen USB-2.0-Anschluss, negativer Effekt: Eine CD auf das Handy zu laden dauert zehn oder mehr Minuten; beim iPod geht in der Zeit die Playliste für den Langstreckenflug rüber.

Foto: Nokia

Aber der Vergleich mit den Spezialisten

wird das Handy immer auf der Verliererseite sehen. Interessant ist darum eine andere Entwicklung, in der jüngeren Internetentwicklung "Mashing" genannt: Die Kombination zweier oder mehrerer Funktionen ergibt ganz neue Möglichkeiten, die vorher nicht (oder nicht so leicht) da waren.
Dafür liefert das N95 ein spannendes Beispiel: Es verfügt über ein GPS-Navigationssystem; das bedeutet, dass jedes geknipste Foto automatisch mit geografischen Positionsdaten versehen wird, so man nicht in einem geschlossenen Raum ohne GPS-Empfang ist.

Foto: Nokia

Diese "Geo-Tagging"

genannte neuere Entwicklung bedeutet, dass wir auch noch Jahre später wissen, wo ein bestimmtes (Reise-) Bild geschossen wurde, auch wenn wir faul beim Archivieren waren. Die Bilder können mit anderen Diensten verbunden werden: zum Beispiel mit Google Earth, woraus eine Art Wikipedia von Bildern der Erde entstehen kann; oder mit dem Fotodienst Flickr, um Bilder bestimmter Weltgegenden leicht suchen zu können; oder um ein fotografisches Reisealbum geografisch korrekt anzulegen.
Solche Möglichkeiten (für die wir schon eine gute Weile brauchen werden, um sie in unser digitales Leben einzuarbeiten) sind es, die die neuen Geräte interessant machen - um optimale Bilder zu schießen werden wir hingegen noch lange nicht auf unsere Kameras verzichten.(Helmut Spudich; DER STANDARD, Printausgabe vom 7./8.10.2006)

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