Der Anwalt von Helmut Elsner erwägt nach dem Bekanntwerden des Anklageentwurfs in der Causa Bawag rechliche Schritte. Wolfgang Schubert sieht die Unschuldsvermutung verletzt und ahnt eine "Verletzung der Menschenrechtskonvention"

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Wien – Helmut Elsner hat nun wieder Ruhe. Am Donnerstagabend wurde er per Ambulanzwagen und mit mehreren Zwischenstopps vom Spital in Marseille in seine Villa nach Mougins geführt. Nachdem er im Spital von Journalisten belästigt worden und dieser Zustand "untragbar geworden ist, weil Herr Elsner von den Ärzten absoulte Ruhe verordnet bekommen hat", wie einer seiner Anwälte beschreibt, habe man sich zur Überstellung Richtung Cannes entschieden.

In der Villa dürfte es für den Herzpatienten nun beschaulicher zugehen: Das Areal, auf dem Elsner und seine Frau wohnen, ist eingefriedet, ein Wächter schützt das Anwesen vor ungebetenen Gästen. Ärztliche Aufsicht ist laut Beobachtern vorhanden: Elsners Kardiologe befinde sich in der Nähe und sei "kurzfristig verfügbar", wie es heißt.

Ob Elsner selbst für die österreichische Justiz verfügbar sein wird, entscheidet sich demnächst. Am kommenden Dienstag präsentieren die Ärzte ihr Gutachten über Elsners Gesundheitszustand, am 17. Oktober entscheidet die französische Justiz, ob der Transport nach Österreich stattfinden kann.

"Stressperspektive" als Hauptkriterium

Dabei soll das Hauptkriterium die "Stressperspektive" sein: Es geht so zu sagen nicht um die Entfernung oder den Transport an sich, sondern wie sehr letzterer Elsner aufregen und sein Herz belasten könnte.

Geben die französichen Justizbehörden den 71-Jährigen frei, dann kommt er nach Wien, wo die Untersuchungsrichterin über die Verhängung der U-Haft entscheiden muss. Den entsprechenden Beschluss könnte Elsner binnen 14 Tagen beeinspruchen.

"Dirty Campaigning"

In Wien überlegt inzwischen Elsners Anwalt, Wolfgang Schubert, rechtliche Schritte im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des ersten Bawag-Anklageentwurfs durch News. "Seit Monaten dringen Unterlagen an die Öffentlichkeit, die die Verteidiger der Beschuldigten noch nicht einmal kennen", klagt Schubert, der das als "Dirty Campaigning" einstuft. "Da soll ein Klima geschaffen werden, das die Verurteilung der Involvierten begünstigt. Damit sind Fakten eingetreten, die bewirken, dass die Unschuldsvermutung gar nicht zur Anwendung gebracht werden kann", sagte Schubert zum STANDARD.

Er erwägt aus diesem Grund, "ob wir nicht noch vor dem Verfahren einen Überprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einbringen. Der soll noch vor dem Prozess feststellen, ob hier nicht eine Verletzung der Menschenrechtskonvention vorliegt". Sollte dem so sein, glaubt Schubert, "könnte das das Bawag-Verfahren gefährden".

Verlängerung des Aufenthalts nicht ausgeschlossen

Bei alledem sei derzeit aber noch gar nicht sicher, ob Elsner je vor seinem Richter stehen wird. Sollten die Franzosen nämlich zur Ansicht gelangen, dass Elsner nicht transport- und haftfähig ist und sich das auch gar nie mehr ändern wird, dann ist es mit dem Prozess gegen ihn Sense, flapsig ausgedrückt. Schubert: "Dann bleibt Elsner in Frankreich, und zwar für immer." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.10.2006)