Mostar/Zagreb/Wien - Nach den Wahlen in Bosnien-Herzegowina laufen die nationalistischen Kräfte der kroatischen Volksgruppe weiter Sturm gegen das Ergebnis. Sie kritisieren, dass mit Zeljko Komsic der Kandidat der multiethnischen Sozialdemokratischen Partei (SDP) zum Vertreter der Kroaten im dreiköpfigen bosnischen Staatspräsidium gewählt wurde. Nach Ansicht der HDZ-BiH (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) erhielt Komsic auf Grund des Wahlrechts in der bosniakisch-kroatischen Föderation aber vor allem Stimmen der Bosniaken.

Er repräsentiere daher nicht das kroatische Volk in Bosnien-Herzegowina, von dem er gerade fünf Prozent der Stimmen bekommen habe. Vielmehr handle es sich bei Komsic um einen zweiten Vertreter der Bosniaken im Präsidium. Die Bosniaken hätten "ihre sehr gut bekannte numerische Überlegenheit dazu verwendet, den Kroaten einen eigenen Vertreter in der Präsidentschaft zu verweigern", hieß es in einer Stellungnahme der HDZ-BiH. Die Bosniaken (Moslems) stellen rund 48 Prozent der Bevölkerung, die Serben 37 Prozent und die Kroaten 14 Prozent .

Ethnische Prinzipien

An sich sind die Bosniaken nach der Wahl durch den früheren Außenminister im Krieg von 1992 bis 1995, Haris Silajdzic von der Partei für Bosnien-Herzegowina (SBiH) vertreten. Für die serbische Bevölkerung zog Nebojsa Radmanovic vom Bund der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD) in das Gremium ein. In dem nach ethnischen Prinzipien dreifach besetzten Staatspräsidium wechseln sich alle acht Monate ein Serbe, ein Kroate und ein Moslem als Präsident ab.

Gesamtstaat

Die HDZ-BiH forderte den SPD-Politiker Komsic zum Rücktritt auf: "Er ist kein Katholik und spricht auch nicht Kroatisch", wurde bemängelt. Er möge daher den Platz, der dem kroatischen Volk zustehe, frei machen. Die HDZ-BiH möchte ihren Kandidaten Ivo Miro Jovic in die Position hieven. Dieser hatte bereits vor ein paar Tagen gedroht, dass die Kroaten sich auch vom Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina abspalten könnten.

Dayton

Kritik kam auch vom katholischen Erzbischof von Sarajevo, Kardinal Vinko Puljic. Der Vertrag von Dayton und die Gesetzeslage in Bosnien-Herzegowina ermögliche Ungerechtigkeiten gegen das kroatische Volk, meinte Puljic. Auf die Frage, ob er Komsic als Repräsentant der Kroaten in Bosnien-Herzegowina ansehe, meinte der Bischof: "Ich würde das nicht so sagen." Komsic sei nicht als Vertreter eines Volkes, sondern einer Partei gewählt worden.

Gleichberechtigung

Nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten Kroatiens, Ivo Sanader (Kroatische Demokratische Gemeinschaft/HDZ), hielt Puljic jedoch fest, dass die bosnischen Kroaten weiterhin dem Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina angehören sollten. Die Internationale Gemeinschaft müsse aber akzeptieren, dass die Kroaten alles daran setzen werden, als Volk die Gleichberechtigung in Bosnien-Herzegowina zu erlangen.

"Interne Angelegenheiten"

Sanader hatte bereits am Mittwoch erklärt, dass sich die Republik Kroatien zwar verpflichtet sehe, sich um die Kroaten in Bosnien-Herzegowina zu kümmern. Man werde sich aber nicht in interne Angelegenheiten einmischen. Zudem distanzierte sich Sanader von der HDZ-BiH. Zur Schwesternpartei gebe es nur lose Kontakte. Nicht zuletzt weil diese aus der Europäischen Volkspartei (EVP) ausgeschlossen worden sei.

Bosnien-Herzegowina ist seit dem Friedensvertrag von Dayton 1995 in die bosniakisch-kroatische Föderation und die Republika Srpska geteilt. Zuletzt mehrten sich im bosnisch-serbischen Landesteil Stimmen, die im Falle einer Unabhängigkeit des Kosovo ein entsprechendes Referendum für die Republika Srpska fordern. Vor einigen Tage schloss die Republika Srbska einen umstrittenen Sondervertrag mit Serbien ab.

Mit dem neuen Abkommen zwischen Belgrad und Banja Luka soll die Zusammenarbeit vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Planung, Privatisierung, Wissenschaft, Technologie, Kultur und Sport gefördert werden. Einwände gegen das Abkommen kamen vor allem von bosniakischen Politikern. (APA)