US-Außenministerin Condoleezza Rice versuchte in Israel, humanitäre Erleichterungen für die Palästinenser zu erreichen. Politisch bleibt die Situation gelähmt, eine Einigung zwischen Präsident Abbas und der Hamas auf eine Einheitsregierung ist nicht in Sicht.

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Humanitäres Mitgefühl zeigen und "große Bewunderung" für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ausdrücken - nimmt man den Besuch von Außenministerin Condoleezza Rice zum Maßstab, dann ist das alles, was die USA vorläufig in der israelisch-palästinensischen Arena leisten können.

Vage klingen Gedanken an eine große Nahostkonferenz an, die die "Roadmap", den in den Schubladen verschwundenen Friedensplan, wieder auf den Tisch bringen soll, doch es wird immer klarer, dass man zum bloßen Abwarten verurteilt ist, solange die Hamas in Ramallah und Gaza regiert und nicht bereit ist, die Linie von Abbas mitzufahren.

Schon vor drei Wochen hatte Abbas angekündigt, dass er sich mit den Islamisten prinzipiell auf die Bildung einer Einheitsregierung geeinigt hätte, doch bei der gemeinsamen Pressekonferenz neben Rice stehend musste der Präsident eingestehen, dass die Koalitionsgespräche ins Leere gelaufen sind. Die künftige Regierung, so Abbas in völligem Einklang mit den Wünschen der USA und der EU, "muss alle Abkommen respektieren, die in der Vergangenheit von den Palästinensern unterschrieben wurden", doch "bis zu dieser Stunde gibt es keinen Hinweis dafür, dass diese Bedingungen erfüllt werden." Am letzten Wochenende waren im Gazastreifen und im Westjordanland blutige Schießereien zwischen Hamas- und Fatah-Anhängern ausgebrochen, und es sah viel mehr nach einem "Bruderkrieg" als nach der proklamierten "nationalen Einheit" aus. Inzwischen sind die Unruhen abgeklungen, und Abbas soll demnächst abermals nach Gaza fahren, um sich im Gespräch mit Hamas-Premier Ismail Haniyeh ein letztes Mal um ein gemeinsames Regierungsprogramm zu bemühen.

Wenn das nichts fruchtet, so die Spekulationen, dann könnte Abbas noch in diesem Monat Haniyeh entlassen und entweder eine "Notstandsregierung" oder eine "Technokratenregierung" aus parteiunabhängigen Experten einsetzen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Abbas sich per Volksbefragung die Rückendeckung für Neuwahlen holt. Alle diese Optionen liefen aber auf eine Entmachtung der Hamas hinaus, was diese sich kaum gefallen lassen wird.

Die USA wollen Abbas im Machtkampf behutsam helfen, indem sie ihm gewisse "Errungenschaften" verschaffen. Rice zeigte sich besorgt über die humanitären Bedingungen. Bei den Israelis versuchte sie danach mit begrenztem Erfolg, Gesten wie längere Öffnungszeiten der Passagen, die Überweisung von zurückgehaltenen Zolleinnahmen und die Freilassung von Gefangenen zu erreichen.

Aber gerade die Umarmung durch die Amerikaner macht Abbas nicht unbedingt populärer. Die US-Administration, ätzte Haniyeh, während Rice im Mukataa-Gebäude bei Abbas saß, wolle bloß "die Reorganisation dieser Region und der palästinensischen Szene in einer Weise, die dem amerikanischen und dem israelischen Interesse dient." (Ben Segenreich aus Ramallah/DER STANDARD, Printausgabe, 6.10.2006)