Fast könnte man meinen, Val McDermid habe etwas gegen Krimiautoren. Schon in ihrem Thriller "Das Manuskript" wird eine Schriftstellerin ermordet, die in ihren Büchern Leute umbringen ließ. In "Die Erfinder des Todes" setzt die Schottin McDermid die Reihe fort: Diesmal sind es gleich drei Kollegen, die einem Serienmörder zum Opfer fallen. Der Täter nimmt dabei die Bücher seiner Opfer als Gebrauchsanweisungen, und weil die Autoren alle dem harten Genre entstammen, werden sie auf sehr unangenehme Weise getötet - in einem Fall muss die Polizei die Überreste einer Bestsellerautorin auf einem Londoner Fleischmarkt aus der Tiefkühltruhe holen.

Weil McDermid, selbst eine der prominentesten Thrillerschreiberinnen Großbritanniens, aus einem Milieu erzählt, in dem sie sich sehr gut auskennt, ist das Buch auch eine unterhaltsame Studie über Menschen, die mit dem Erfinden des Todes ihr Geld verdienen. Die Heldin des Buches ist allerdings keine Schriftstellerin, sondern eine Psychologin, die Täterprofile von Serienmördern erstellt. Fiona Cameron, die Profilerin, ist von den blutigen Geschehnissen jedoch mehr als nur professionell betroffen. Ihr Lebensgefährte Kit Martin zählt zur Crème der Thrillerschreiber und gerät (natürlich) ins Fadenkreuz des Serial Killers. Dann gibt es, als Dritten im Bunde, noch den Kommissar Steve Preston, der eine heimliche Liebe für Fiona hegt, gleichzeitig aber der beste Freund ihres Lebensgefährten ist. Das alles hört sich nach vielfach verschlungenen Handlungssträngen an. Genau diese laufen auch durch das Buch, und erst im letzten Viertel des Romans fügt sich vieles zusammen, bis es zu einem spannenden Showdown in der Nähe von Loch Ness kommt. Das Ungeheuer allerdings schwimmt nicht im See, sondern läuft auf zwei Beinen. Zu allem Unglück findet es auch noch eine Schrotflinte in der Hütte seines um sein Leben kämpfenden vierten Opfers.

Es ist übrigens das einzige Mal, dass eine Schusswaffe in diesem Buch eine Rolle spielt. Der Rest wird mit scharfen Messern, Totschlägern und Fleischerbeilen erledigt. Keine Angst, so blutig, wie sich das anhört, ist es dann insgesamt auch wieder nicht. Die explosiv ausbrechende Brutalität beschränkt sich auf wenige Seiten. McDermid hantiert vielmehr, handwerklich gekonnt, mit der unbestimmten Angst, der Beschwörung der Monster, die tief im Inneren der meisten ihrer Protagonisten wohnen. Trotz alledem ist McDermids Buch weniger düster als etwa die meisten Werke ihres schottischen Landsmanns Ian Rankin. Dies liegt in erster Linie daran, dass ihre Hauptfiguren entweder die Liebe schon gefunden haben oder zumindest an sie glauben. Dies macht die insgesamt acht Morde des Romans zwar nicht weniger grässlich, aber dennoch bleibt der Leser, nachdem er als letzten Satz "In Liebe, deine Schwester Fiona" gelesen und das Buch zugeklappt hat, mit einem Seufzer der Erleichterung zurück. Zwar hat das Böse gewütet, aber letztlich ist es an Opfermut, Mitleid und, ja doch, Liebe zerschellt. (Kurt Kister / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.10.2006)