Junior Boys - So This Is Goodbye (Edel)

Foto: Edel

Schon 2004 veröffentlichte das kanadische Duo "Junior Boys" mit dem Debütalbum Last Exit ein ungemein vitales Statement im Bereich des vorwiegend elektronisch getriebenen (Synthie-)Pop. Allerdings beschränkte sich die internationale Aufmerksamkeit damals vor allem auf Fachmagazine und Remixarbeiten von Kapazundern wie dem Wiener Avant-Elektronik-Großmeister Christian Fennesz oder dem britischen Heimwerkerkönig Manitoba. Kommerziell richtig in die Gänge kommen wollte dieses ambitioniert an der Nahtstelle von Anspruch und Club-Tauglichkeit kommende Projekt allerdings nicht. Etwaige Hoffnungen auf die Eroberung der Hitparaden können sich Sänger Jeremy Greenspan und Produzent Matt Didemus allerdings auch jetzt mit der im deutschen Düsseldorf unter der Patronanz des sonst bei den kongenialen deutschen Mouse On Mars aktiven Andi Toma entstandenen Nachfolgearbeit So This Is Goodbye frühzeitig abschminken.

Zu den großen Ungerechtigkeiten im Pop-Genre zählen schließlich neben großem Talent bei mangelndem glamourösem Aussehen auch andere Kleinigkeiten. Etwa etwas weit unterhalb von Justin Timberlake oder Kylie Minogue angesiedelte Produktions- und Marketingbudgets - und der mangelnde Wille der ausführenden Künstler, sich wie die Sau durchs Dorf und durch die Rotationsmaschinerie von MTV treiben zu lassen.

Dabei kommen diese ebenso zeitlos einer melancholischen Rückbesinnung wie dem futuristischen Popgedanken verpflichteten Lieder so federleicht verschwenderisch und zwingend daher wie im heurigen Jahr nur selten eine Leistungsschau im Gewerbe. Jeremy Greenspan verfügt als Songwriter und Sänger nicht über übertrieben mit Kapazitäten zu Höchstleistungen ausreichende Anlagen, aber doch über genügend Talente, seinen auf dem Mischpult generierten und zart gehauchten Songs die nötige Atmosphäre von Sehnsucht, Nostalgie und Ergriffenheit sanft einzumassieren.

Immer wird hier eingedenk von Altvorderen wie Depeche Mode oder auch Orchestral Manoeuvres In The Dark in Stücken wie Counting Souvenirs oder dem Titelsong So This Is Goodbye Wert darauf gelegt, dass die sensiblen Momente nicht ins Empfindliche umkippen. Und auch das Vordenkerische wird in dieser Pop-Vision zugunsten des Nachdenklichen hintangehalten. Mithin ideale Grundgestimmtheiten, dieses über Elektronik-Handclap- und Böller-Bassdrum-Sounds entworfene Schwelgen in einem House, das Liebe heißt und gleichzeitig Abschied und Entsagung und immer weiter auf der Suche-Sein meint, so zu gestalten, dass alle Anlagen eines kleinen Genreklassikers gegeben sind.

Am zwingendsten kommt auf diesem Album der Track In The Morning daher. Produzent Andi Toma schüttelt hier mit hochmodisch knarzenden Beats und Stöhn-Samples ordentlich den Karton durch. Der Karton rappelt. Vor so viel Drang auf den Dancefloor gibt sich dann die von Frank Sinatra bekannte Schmerzensnummer When No One Cares zugeknöpft enttäuscht. Vielleicht tut sich gerade bei diesem Lied die historische Chance für die Junior Boys auf, irgendwann einmal im Elektropop die verhärmten alten Männer geben zu können. Entgegen aller Chancen sind diese noch immer zwanghaft dem Prinzip Hoffnung verpflichtet. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.10.2006)