Zwar steigen ab heute, Donnerstag, die Teambewerbe, doch lässt sich schon sagen, dass Österreich in Turin quasi historisch ausgestochen wurde. Eine derartige Schlappe gab's noch nie, auch wenn sie nahtlos an die Misserfolge bei Großereignissen in den letzten Jahren anknüpft. "Es kann", stellt Poscharnig fest, "kein böser Zufall sein." Und er will gleich nach der WM eine Krisensitzung einberufen. Schließlich wird man an der Frage nicht vorbei kommen, ob die Strukturen im Verband die richtigen sind.
Fakt ist, dass man schon in den 90ern die Erfolge der Florett-Europameister Joachim "Benny" Wendt und Michael Ludwig nicht wirklich nützen konnte. Ludwig ficht nach wie vor und verpasste in Turin als 72. den Hauptbewerb. Wendt koordiniert für den Verband die Kooperationen mit Top-Sport-Austria (Bundeskanzleramt) und Sporthilfe, treibt in Wien ein Schulfechtprojekt (Liniengasse) voran. Er führt Deutschland und Italien an, wo ehemalige Spitzenfechter leitende Positionen innehaben. "Wendt soll verstärkt eingebunden werden", sagt Poscharnig. Und er bestätigt, dass im ÖFV, ähnlich wie im Eiskunstlauf, zu viele Interessen mitspielen. "Jeder Funktionär gehört ja einem Landesverband oder Verein an, das ist im Hintergrund immer dabei, das gehört geebnet. Wir sind an einem Scheideweg."
Laut Wendt werden Österreichs Fechter "unter Wert geschlagen". Allerdings sind Talente wie Degen-Fechter Jörg Mathe eher die Ausnahme, für Routiniers wie Ludwig oder Christoph Marik (Degen) ist Olympia 2008 in Peking vielleicht das letzte Ziel, wenn sie es denn erreichen.
Dass Österreichs Fechtverband so gut wie keine Öffentlichkeitsarbeit betreibt, erscheint angesichts der Misserfolge nur logisch. Beinah schon witzig ist, dass der Verband gleich zwei Homepages (fencing.at, oefv.com) führt, Übersichtlichkeit und Aktualität allerdings geht beiden ab. Auch das passt ins Bild. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 5. Oktober 2006, Fritz Neumann)
RESULTATE
Endstand: 1. Peter Joppich (GER) - 2. Andrea Baldini (ITA) - 3. Stefano Barrera (ITA) und Lei Sheng (CHN) - 5. Benjamin Kleibrink (GER). Weiter: 40. Roland Schlosser - 48. Rene Pranz - 54. Moritz Hinterseer - 72. Michael Ludwig (alle AUT)
Halbfinale: Videira - Sven Jarve (EST) 15:12, Wang - Igor Tikhomirov (CAN) 15:6
Endstand: 1. Wang Lei (CHN) - 2. Joaquim Videira (POR) - 3. Sven Jarve (EST) und Igor Tikhomirov (CAN). Weiter: 43. Christoph Marik - 99. Jörg Mathe - 130. Florian Schmid - 156. Marcus Robatsch (alle AUT)
Endstand: 1. Stanislaw Posdniakow (RUS) - 2. Zsolt Nemcsik (HUN) - 3. Alexej Frossine (RUS) und Won Woo-Young (KOR) - 5. Dmitri Lapkes (BLR). Kein Österreicher am Start.
DAMEN
Endstand: 1. Timea Nagy (HUN) - 2. Irina Embrich (EST) - 3. Laura Flessel-Colovic (FRA) und Emese Szasz (HUN) - 5. Ana Branza (ROM). Weiter: 51. Andrea Rentmeister - 94. Claudia Panuschka - 103. Barbara Pokorny - 116. Martina Genser (alle AUT)
Endstand: 1. Rebecca Ward (USA) - 2. Mariel Zagunis (USA) - 3. Kim Hye-Lim (KOR) und Sada Jacobsen (USA). Weiter: 67. Dorothea Tanzmeister (AUT)
Endstand: 1. Margherita Granbassi (ITA) - 2. Valentina Vezzali (ITA) - 3. Aida Mohamed (HUN) und Giovanna Trillini (ITA) - 5. Nam Hyun-Hee (KOR). Weiter: 47. Anna Döcker - 51. Barbara Koppenwallner - 53. Sandra Kleinberger - 65. Annette Wilhelmi (alle AUT)