Der Korneuburger Schwurgerichtssaal ist ein eher ungünstiger Ort für die boulevardeske Ausbreitung tragischer Liebesgeschichten

Grafik: Standard
Korneuburg - Der Kriminalfall der bekannten Fotografin mit dem Künstlernamen Clarissa ist (auch) ein äußerst bizarres Medienereignis. Die Krone, für die das Ex-Modell 15 Jahre lang zum Beispiel Kinder im Frühling ablichtete, hätte den Prozess wegen versuchter Anstiftung zum Mord an ihrem Lebensgefährten gerne totgeschwiegen. Auch sonst wurde (wegen Befangenheit im Kreise Mediaprint) kaum darüber berichtet. Aber da war die neue Tageszeitung Österreich frisch im Handel und zur Stelle, hat der Angeklagten einen prominenten Strafverteidiger organisiert und schwört mit ihm auf ihre Unschuld.

Der Korneuburger Schwurgerichtssaal ist ein eher ungünstiger Ort für die boulevardeske Ausbreitung tragischer Liebesgeschichten. Anwalt Werner Tomanek gibt dennoch sein Bestes im Sinne der plakativen Schwarz-Weiß-Malerei: Da die "vornehme, wohlhabende, berühmte Upper-classfrau" - dort "der arbeitslose Maurer aus der Unterschicht", noch dazu Zuwanderer aus Mazedonien, "wo man bis heute die Blutrache lebt". Wie konnte sie, die Witwe, überhaupt an diesen Mann geraten? "Mit 48 ist es für keine Frau mehr so leicht, wen zu finden", darf der Anwalt hier öffentlich behaupten. Die strafenden Blicke der Richterin steckt er locker weg.

"Ohne Alkohol wäre er für mich der absolute Traummann gewesen."

Die Angeklagte liefert zwei krass gegensätzliche Bilder von ihrem Lebensgefährten, mit dem sie eine Imbissstube in Klosterneuburg betrieb: "Ohne Alkohol wäre er für mich der absolute Traummann gewesen." - Mit Alkohol: Aggressive Ausbrüche, Faustschläge, Nasenbeinbrüche, Spital. Nüchtern bat er um Verzeihung, betrunken schlug er zu. Sie zeigte ihn an, er kam in Haft. Er beteuerte, sich zu bessern. Sie verzieh ihn. Er trank und schlug zu.

Bis hierher kann der Staatsanwalt mit. Dann aber kommt für ihn die Szene vom 26. November in der Discothek "Don Camillo". 20 Minuten soll sich Clarissa mit Türsteher Peter unterhalten haben. Danach sei der Mordauftrag erteilt gewesen: Peter solle sich "eine Puffen" besorgen und ihren Ex-Freund "wegpusten". Dafür kriege er 10.000 Euro. Vor Gericht bestätigt der Zeuge seine Angaben: "Ich hab die Geschichte ernst genommen."

"Das ist ein konstruiertes Komplott gegen mich", sagt die Angeklagte. Sie habe mit dem Türsteher, einem Bekannten des vermeintlichen Opfers, kein Wort gewechselt. Ihr Ex-Freund wollte sich dafür rächen, dass sie ihn ins Gefängnis gebracht hatte, glaubt sie. Das Gericht sprach sie wegen versuchter Anstiftung zum Mord schuldig: 24 Monate Freiheitsstrafe, davon acht unbedingt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.10.2006)