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Gewann die letzte Testabstimmung souverän: Der südkoreanische Außenminister Ban Ki-moon steht als neuer UNO-Generalsekretär so gut wie fest

Foto: EPA/Justin Lane
Südkoreas Außenminister Ban Ki-moon steht kurz vor der Bestätigung als neuer UNO-Generalsekretär. Der 62-Jährige siegte auch in der letzten Testwahl über den Topjob der internationalen Diplomatie im UNO-Sicherheitsrat. Und er gewann als einziger von sechs Kandidaten die entscheidende Zustimmung der Vetomächte USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland.

"Aus der Testwahl geht klar hervor, dass Ban der Kandidat ist, den der Sicherheitsrat der Vollversammlung empfehlen wird", sagte der UNO-Botschafter Chinas, Wang Guangya. Der UNO-Botschafter der USA, John Bolton, erklärte, das Resultat stimme ihn "sehr zufrieden". Der Sicherheitsrat könnte Ban schon am kommenden Montag offiziell küren. Die Vollversammlung der UNO muss danach diese Entscheidung formal abnicken.

Ban erhielt 14 der 15 Stimmen des obersten UNO-Gremiums. Alle fünf Mitbewerber Bans mussten laut Diplomaten mindestens eine Neinstimme einer der P5-Mächte hinnehmen – dieses Votum kommt einem Aus für die Kandidatur gleich. China hatte schon früh darauf bestanden, dass ein Asiat die Nachfolge des Amtsinhabers Kofi Annan antreten müsse. Annan verlässt die UNO am 31. Dezember.

Ban kündigte bereits an, dass er als UNO-Chef die Weltorganisation erneuern wolle. Die UNO sei wegen ihrer "Ineffektivität und mangelnden Transparenz", in die Kritik geraten. In der Tat haben Skandale wie die Affäre um das Oel-für-Lebensmittel-Programm das Image der Weltorganisation beschädigt. Diplomaten betonen, dass der neue UNO-Chef zunächst das zerrüttete Verhältnis der UNO zu den USA reparieren muss. Seit dem Irak-Krieg beobachtet das mächtigste UNO-Mitglied die Organisation mit Misstrauen.

US-Botschafter Bolton machte klar, wie Washington die Rolle des UNO-Chefs sieht. Die UNO-Charta definiere den Generalsekretär als "obersten Verwaltungsbeamten". Diplomaten betonen, Washington wünsche keinen Generalsekretär, der zu allen Krisen rund um den Globus seine Meinung abgibt, sein Haus aber vernachlässige. Der ruhige Ban käme den US-Vorstellungen sehr nahe.

Tatsächlich verfügt der Generalsekretär über keine formale Macht in der internationalen Politik, er kann nur mahnen, überzeugen und auf Krisen hinweisen. Besonders die überforderten Friedensmissionen reflektieren diese Schwäche. Der UNO-Chef leitet oder unterstützt derzeit zwar 18 Operationen mit rund 75.000 Soldaten, Polizisten und Militärbeobachtern. Viele der Blauhelme sind aber schlecht ausgebildet, schwach motiviert und mit den Problemen in den Konfliktregionen nicht vertraut. Zudem erteilt der Sicherheitsrat oft ein Mandat, das die Truppe im Feld nicht umsetzen kann. Als krasses Beispiel sticht die die Blauhelmtruppe im Kongo heraus. Jahrelang hatten die UNO-Einheiten dem Morden, Plündern und Brandschatzen in dem Chaosland nichts entgegenzusetzen.

Ebenso wartet das Dauerproblem "Reform des Sicherheitsrates" auf Ban. Die Vetomächte vereitelten bisher alle Versuche, die Machtverteilung zu ändern. "Wir können als UNO nicht Demokratie in der Welt fordern, wenn wir es nicht schaffen, Demokratie im wichtigsten UN-Organ zu etablieren", kritisiert Brasiliens Staatschef Lula da Silva. Brasilien, Indien, Japan und Deutschland haben bisher vergeblich einen ständigen Ratssitz verlangt. (Jan Dirk Herbermann aus Genf/DER STANDARD, Printausgabe, 4.10.2006)