Am Dienstag beschloss der Bündnisvorstand, als "Ideen-Lieferant" in Opposition zu gehen.
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Wien - Dienstagvormittag war Peter Westenthaler das Gesprächsthema in der Präsidentschaftskanzlei - freilich nicht in einem politischen Zusammenhang, den er sich wahrscheinlich gewünscht hätte. Nein, in den Couloirs des Leopoldinischen Hofburgtraktes war die "orange Prügelaffäre" in aller Munde.

Noch in der Wahlnacht, gegen halb drei Uhr früh, war Christoph Pöchinger, Pressesprecher von Noch-Justizministerin Karin Gastinger, im Lokal "Stadl" in Wien-Alsergrund von einem Gefolgsmann Westenthalers verprügelt worden. Dem war angeblich ein Disput zwischen Pöchinger und Westenthaler vorangegangen, in dem der BZÖ-Spitzenkandidat den Pressesprecher einen "Verräter" genannt haben soll, der für den Partei-Austritt der Justizministerin maßgeblich verantwortlich gewesen sei. Daraufhin soll Westenthalers Bodyguard zugegriffen, Pöchinger aus dem Lokal gezerrt und auf ihn eingeschlagen haben, bis mehrere Personen dazwischen gingen.

Der Gastinger-Sprecher erlitt Verletzungen am Becken und an der Halswirbelsäule. Westenthaler-Sprecher Lukas Brucker dementierte den Vorfall, sagte aber gleichzeitig, der "Stadl" sei vom BZÖ für die Feier gebucht worden, Pöchinger sei nicht eingeladen gewesen, habe "gestört" und sei "des Lokals verwiesen" worden.

Gegenüber dem Standard sagte der Gastinger-Sprecher: "Diese Darstellung ist falsch, ich war zuerst im Lokal." Im Übrigen wolle er sich zu dem Vorfall nicht äußern, nur so viel: "Die Anzeige wurde erstattet, die Angelegenheit ist nun Sache von Staatsanwaltschaft und Gericht." Tatsächlich ist im Polizeiinspektorat am Westbahnhof Dienstagvormittag eine Anzeige wegen des "Verdachts der Körperverletzung" gegen Westenthalers Begleiter eingebracht worden.

Im BZÖ war man über den Zwischenfall ganz und gar nicht amüsiert. In einer inoffiziellen Sitzung vor dem BZÖ-Vorstand, bei der Westenthaler nicht dabei war, sollen Jörg Haider und Generalsekretär Uwe Scheuch diesen kritisiert haben. Auch davon, dass er nun wohl nicht Klubobmann werden könnte, soll die Rede gewesen sein. Ohnehin ist zu hören, man sei in Kärnten mit Westenthalers bescheidenem Wahlerfolg in Wien nicht eben zufrieden: nur 1,9 Prozent.

Offiziell hatte Haider allerdings nur Sarkasmus für den verletzten Pressesprecher übrig: "Ich lade ihn auf einen Kärnten-Urlaub ein", sagte er. Westenthaler wollte zu dem Vorfall überhaupt keine Stellungnahme abgeben.

"Service-Stelle" BZÖ

Nach stundenlangen Verhandlungen am Dienstagnachmittag, wo es angeblich ausschließlich um eine "Analyse des Wahlergebnisses" gegangen sein soll, beschloss der BZÖ-Vorstand jedenfalls, sich "auf die Oppositionsrolle vorzubereiten". Westenthaler, der bisherige Klubchef Herbert Scheibner und Jörg Haider sagten in einer gemeinsamen Pressekonferenz, das BZÖ werde in Zukunft als "Ideen-Lieferant" und "Service-Stelle für Bürger" auftreten. Im Übrigen sei man der "eigentliche Wahlsieger", trotz gegenteiliger Prognosen der Meinungsforscher, und wegen des "hervorragenden" Ergebnisses in Kärnten.

Bei den Beratungen musste sich Westenthaler angeblich für seinen Anti-Ausländer-Wahlkampf rechtfertigen. Es sei abzusehen gewesen, dass FPÖ-Chef Strache "überzeugender" als das BZÖ gegen Ausländer kampagnisieren werde, wurde ihm angeblich vorgehalten.

Die Entscheidung darüber, wer Klub- und wer Bündnissprecher des BZÖ wird, fiel am Dienstag nicht. Da werden wohl noch weitere Analysen der Ereignisse in den vergangenen Tagen notwendig sein. (Petra Stuiber/DER STANDARD, Printausgabe, 4.10.2006)