Das Nobelpreiskomitee begründete seine Entscheidung damit, dass
die Wissenschafter bei ihren Arbeiten entdeckt hätten, wie
doppelsträngiges RNA-Erbgut über einen mittlerweile RNA-Interferenz
(RNAi) genannten Prozess gezielt die Aktivität von Genen unterdrücken
kann. Österreichische Experten auf diesem Gebiet äußerten sich
zufrieden über die Zuerkennung der Auszeichnung an die beiden
US-Wissenschafter.
Neuer Mechanismus der Gen Regulation
"Diese Entdeckung enthüllte einen neuen Mechanismus für die
Gen-Regulation. Die biochemischen Mechanismen, die dabei involviert
sind, spielen eine Hauptrolle bei essenziellen Prozessen in Zellen",
hieß es in der Begründung für die Zuerkennung des Preise. RNAi
schütze vor Infektionen mit RNA-Viren - speziell bei Pflanzen und
wirbellosen Tieren. RNA-Interferenz sichert aber auch die Stabilität
der Erbsubstanz von Zellen und Organismen.
Erstmals 1998 veröffentlicht
Fire und Mello veröffentlichten ihre ersten Arbeiten zur
RNA-Interferenz im Jahr 1998 in der britischen
Wissenschaftszeitschrift "Nature". "Das ist toll. Und es ging so
schnell", zeigte sich am Montag die Wiener RNA-Forscherin Univ.-Prof.
Dr. Renee Schröder von den Max Perutz Laboratories begeistert über
die Auswahl, die das Nobelpreiskomitee in diesem Jahr getroffen hat.
RNAi am Fadenwurm erkannt
Renee Schröder über den Kernpunkt der Entdeckung der beiden
US-Wissenschafter von der Stanford University in Kalifornien (Fire)
und von Massachusetts Medical School (Mello): "Fire und Mello haben
in Experimenten die RNAi am Fadenwurm C. elegans erkannt. Es zeigt
sich, dass in allen höheren Lebewesen ein doppelsträngige RNA eine
Art Alarmsignal darstellt. Sie wird daher abgebaut. Allerdings legt
sie dabei auch alle der RNA entsprechende Gene still."
Kräftige Petunien
Den Erkenntnissen von Fire und Mello gingen jahrelange Forschungen
anderer Wissenschafter voran. Dr. Philipp Leuschner (Arbeitsgruppe
von Javier Martinez am Institut für Molekulare Biotechnologie in
Wien): "Einer dieser Wissenschafter (Jorgensen, Anm.) wollte Petunien
mit einer besonders kräftigen Farbe schaffen.
Er konstruierte daher
Pflanzen, bei denen das entsprechende Gen besonders stark aktiv war.
Doch der gegenteilige Effekt stellte sich ein. Diese Petunien
blieben ziemlich farblos." Offenbar hatte die Überexprimierung der
Erbinformation das Gen inaktiviert.
Leuschner: "Die Arbeiten von Fire und Mello haben schließlich 1998
die Fachwelt aufgerüttelt. Sie haben C. elegans-Würmern
doppelsträngige RNA injiziert. Damit wurde das Gen mit der zur RNA
komplementären DNA unterdrückt." Der dahinter liegende Mechanismus:
Doppelsträngige RNA kommt in höheren Zellen nicht vor - außer bei der
Infektion mit bestimmten Viren mit solcher Erbsubstanz.
Abbaumechanismus
Taucht sie also auf, wird ein Abbaumechanismus gestartet. Ein DICER-Protein zerstückelt die RNA, es entsteht ein Abbaukomplex, der dann aber auch gleich die Übersetzung ähnlicher oder gleicher Gene blockiert.
Revolutionäre Entdeckung
Der Wiener Wissenschafter über die Bedeutung dieser Arbeiten: "Es
gab da eine Revolution wie nach der Erfindung der
Polymerase-Kettenreaktion (PCR, Anm.), mit der man binnen kürzester
Zeit ein Gen vermehren kann. Mit der RNAi kann man in Zellen binnen
Stunden ein Gen ganz gezielt lahm legen."
Basis für Untersuchungen