Prag - Sollte die tschechische konservative (ODS)
Minderheitsregierung von Premier Mirek Topolanek bei der
bevorstehenden Vertrauensabstimmung scheitern - was in Polit-Kreisen
als sehr wahrscheinlich gilt -, dann könnte das Land eine
Technokraten-Regierung erhalten. Diese Alternative hat Ladislav Jakl,
Sekretär von Staatspräsident Vaclav Klaus, nicht ausgeschlossen. "In
einer solchen Situation würde offenbar ein aktives Vorgehen (des
Präsidenten) erforderlich und ich würde diese Möglichkeit nicht
ausschließen", sagte Jakl am Freitag in einem Rundfunkinterview in
Beantwortung einer Frage, ob das Staatsoberhaupt irgendwelche
Schritte in Richtung einer Technokraten-Regierung unternähme.
Tschechien hat bereits Erfahrung mit einer Regierung, die man als
"Technokraten-Kabinett" einstufen könnte. Es handelte sich um die
Interimsregierung des parteilosen Ministerpräsidenten Josef Tosovsky,
die vom Dezember 1997 bis Juni 1998 im Amt war. Dieses Kabinett trat
nach dem Fall der Regierung des damaligen Premiers Vaclav Klaus wegen
eines Finanzskandals seiner ODS (Demokratische Bürgerpartei) an. Ihr
Ziel war es allein, das Land zu vorgezogenen Wahlen zu führen.
Krisen-Situation
Auch jetzt erlebt Tschechien eine Krisen-Situation - wegen des
Patt-Ergebnisses der Parlamentswahl vom Juni. Eventuelle Neuwahlen
werden immer öfter erwähnt, weil es bis jetzt nicht gelungen ist,
eine stabile Regierung zu bilden. Als möglicher Termin gilt Frühjahr
2007. Laut Verfassung kann der Staatspräsident beliebige Personen mit
der Regierungsbildung beauftragen. In der Regel war es bisher der
Chef der siegreichen Partei nach der Parlamentswahl - mit Ausnahme
von Tosovsky.
Starke Ambitionen hat nun im Fall des Scheiterns Topolaneks der
ehemalige Premier und Chef der zweitstärksten Partei - der
Sozialdemokratie (CSSD) - Jiri Paroubek. Er möchte eine Regierung
bilden, die von den Kommunisten (KSCM) geduldet werden könnte.
Allerdings haben die beiden Linksparteien in dem 200-köpfigen
Unterhaus nur 100 Stimmen. (APA)