The Whitest Boy Alive: "Dreams"
Mit seinem sanften Akustikprojekt Kings Of Convenience und dem stilprägenden Album "Quiet Is The New Loud" brachte der norwegische Sänger Erlend Oye vor einigen Jahren die Sanftmut von Simon & Garfunkel wieder zurück in die musikalische Trendwelt. Er entdeckte im Anschluss nach seinem Umzug nach Berlin die elektronische Tanzmusik und wurde als singender DJ berühmt. Auch seine neue Band wurde ursprünglich 2003 als elektronische Sause unter Songwriting-Vorzeichen gegründet. Dieses jetzt vorliegende Debüt präsentiert allerdings eine klassische Band, die sich mit effektfreier, minimal eingesetzter E-Gitarre, Bass, Schlagzeug und E-Piano auf dem schmalen Grat zwischen Club und Studentencafé bewegt und als Soundtrack ideal in jede Sitzdisco passt. Herzig und rührend, wunderbar! (Bubbles/Soul Seduction)

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The Whitest Boy Alive

Foto: The Whitest Boy Alive

Nomeansno: "All Roads Lead To Ausfahrt"
Die meisten Bands werden über die Jahre ruhiger und friedfertiger. Diese drei legendären kanadischen Jazzcore-Opas werden über die Jahre allerdings immer noch wilder. Wie heißt es gleich im ersten, mindestens die Mauern von Jericho niederreißenden Opener "Wake Up": "Honey, I'm not dead!" Hochkomplexe, himmelstürmende, links bewegt politische und zum Himmel schreiende Musik eines Trios mit einem mittlerweile eigentlich im Pensionsalter befindlichen Sänger. Einen noch: "Heaven Is The Dust Beneath My Shoes!" Groß, mächtig, unversöhnlich! (Wrong/Trost)

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Southern

Foto: Nomeansno

The Thermals: "The Body, The Blood, The Machine"
Etwas weniger vertrackt gegen Windmühlen rennend, aber hallo: das dritte Album der jungen Band aus Portland, Oregon. (Liedermacher-)Punkrock, wie er 2006 sein muss - und dabei alle Green Days dieser Welt zurück in die Krabbelstube schickt. Das Konzeptalbum über die USA als in naher Zukunft(?) faschistischer christlicher Gottesstaat nimmt keine Gefangenen. Herausragender Titel auf dem Album: "I Might Need You To Kill". Das Ende ist nah – und es wird laut! (Sub Pop/Trost)

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Sup Pop

Foto: The Thermals

The Roots: "Game Theory"
Bewegt und deshalb zornig Politisches auch auf der afroamerikanischen Seite der USA. Das aus Philadelphia stammende HipHop-Kollektiv The Roots präsentiert als stilsichere Nachwuchsschmiede auf seinem neuen Album nicht nur neuere Kräfte wie die Gast-Rapper Maslik B. oder Wadud Ahmud. Jenseits von Goldketten-Rap und MTV-Arschwackelverbindlichkeit wird hier auch mittels der Musik eine zukunftsträchtige Vision entworfen, die sich über langweiliges hanfinduziertes Beat-Geböllere kilometerweit erhebt. (Def Jam/Universal)

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The Roots

Foto: The Roots

Benni Hemm Hemm: "Benni Hemm Hemm"
Der große, traurige und immer auch etwas abgefeimte 26-jährige isländische Schrammelgitarren-Songwriter Benni Hemm Hemm führt auf seinem Debütalbum das mit Northern-Soul-Bläsern getriebene Schlagerhandwerk eines Christian Anders je nach Lust und Laune Richtung neumodische Balkan-Beats oder Hawaii und Begräbnis-Raves in Mexiko. Tragisch, zum Weinen schön – und: ein Album des Jahres! (Morr/Soul Seduction)

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Morr Music

Foto: Benni Hemm Hemm

The Secret Society: "Sad Boys Dance When No One's Watching"
Schon der Albumtitel des spanischen Songwriters Pepo Márquez ist nicht ohne. Und bei den ersten gehörten Zeilen dieses an patscherte US-Americana wie Calexico erinnernden Albums liegen wir flach: "I eat this slice of pizza, I bought four days ago. Thinking that too much "I love you" means that something's wrong." Akustikgitarre, Bass, Schlagzeug, Melodica, zurückgenommener Sprechgesang, mehr braucht es nicht. Am 5. Oktober ist der junge Mann erstmals in Österreich live zu erleben, im Wiener Gasthaus Vorstadt in Ottakring. (Nois1059, www.acuareladiscos.com)

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Songwriting

Foto: The Secret Society

Japanther: "Yer Living Grave"
Die beste New Yorker Band neueren Datums, ein zu allem mit verzerrtem Bass oder Gitarre, Knüpperl- und Schepperschlagzeug und Gebrüll bereites Duo, setzt mit grimmiger Homerecording-Methode dort an, wo Kollegen wie die Strokes immer weit davor zur Sicherheit aufgeben. Wütender, vom Punk genährter und trotzdem auf den Tanzboden zielender Untergrundrock aus dem grindigen Probenkeller, der dann schon einmal mit bizarren Tonbandzuspielungen gebrochen wird. Am 9. 10. live im Wiener Chelsea. Erhabenes Spinnertum! (Menlo/Trost)

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Japanther

Foto: Japanther

The Rapture: "Pieces Of The People We Love"
Die vor drei Jahren wegen der Single "House Of Jealous Lovers" hoch gehandelte New Yorker Band im Zeichen von Punk, Disco und Talking Heads unter besonderer Berücksichtigung der Produzententätigkeit des heute noch immer hysterisch gehypten Teams LCD Soundsystem/Death From Above Records wechselte jetzt über zu "everbody's darling" Danger Mouse (Gnarls Barkley) und Paul Epworth, dem Knöpfchendreher hinter den schrillen Britpop-Unterwanderern Bloc Party. Tanzbar und mitreißend und modern ist das alles trotzdem geblieben. (EMI)

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The Rapture Music

Foto: The Rapture

The Black Neon: "Arts & Craft"
Stephen Webster vom britischen Elektronikduo Fort Lauderdale huldigt mit seinem Soloprojekt dem deutschen Krautrock der frühen 70er-Jahre wie Kraftwerk, Amon Düül oder Tangerine Dream. Er vergisst dabei allerdings nicht, auch den Glamrock eines David Bowie oder Marc Bolan in den Tank zu tun. Elektronisches Songwriting an der Kippe zu verwaberter Dreiklangszerlegung und Ambient. Sehr hübsch! (Memphis Industries/Edel)

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Memphis Industries

Foto: The Blck Neon

The Dears: "Gang Of Losers"
Murray Lightburn, der afrokanadische Sänger dieser einstigen großen Kopisten der noch größeren britischen Band The Smiths, beginnt sich nach der Albumgroßtat "No Cities Left" mit dieser neuen Arbeit dankenswerterweise etwas von seinen übermächtigen Vorbildern freizuschwimmen. Noch immer wird gerade auch der Gesang von Idol Morrissey bestimmt. Die weitflächigen Gitarrenpop-Arrangements geben ab sofort allerdings Luft für eigenen Atem. Und: tolle Melodien! (Bella Union/Edel)

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Cooperative Music

Foto: The Dears