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Ihre Fahrradbrigade haben die Schweizer schon vor sechs Jahren aufgelöst, nun sollen die eidgenössischen Soldaten auch noch mit der Tradition, ihre Dienstwaffen zuhause aufzubewahren, brechen

Foto: Reuters
von Klaus Bonanomi aus Bern
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Die mit 340.000 Lesern größte Schweizer Frauenzeitschrift Annabelle ist nicht als Politikmagazin bekannt. Umso mehr Aufsehen erregte das Blatt unlängst mit einer Kampagne gegen das Waffentragen: Unter dem Titel "Keine Schusswaffen zu Hause!" sammelte sie 17.000 Unterschriften für eine Bittschrift an das Schweizer Parlament mit der Forderung, die Schweizer Soldaten sollten ihre Dienstwaffen in Friedenszeiten nicht mehr zuhause aufbewahren.

Familientragödien

Immer wieder kommt es in der Schweiz zu häuslichen Tragödien und Suiziden mit der Dienstwaffe. Besonderes Aufsehen erregte der Fall der früheren Skiläuferin Corinne Rey-Bellet, die von ihrem Ehemann mit der Offizierspistole erschossen wurde. Bei jeder fünften Familientragödie sei eine Militärwaffe im Spiel, schätzt das Institut für Kriminologie der Uni Lausanne.

Dienstwaffe zuhause ist weltweit einmalig

Allein 280.000 Militärpistolen und -gewehre samt 14 Millionen Schuss Munition sind in Schweizer Haushalten, im Keller oder gar im Schlafzimmerschrank versteckt. Das Aufbewahren der Dienstwaffe zuhause ist weltweit einmalig und heute laut Experten militärisch nicht mehr notwendig.

Anliegen chancenlos Am Mittwoch, begann nun eine Diskussion im Nationalrat, die große Kammer des Parlaments, über eine Verschärfung des Waffengesetzes. Entschieden wird erst am Donnerstag. Doch das Anliegen dürfte chancenlos sein. Justizminister Christoph Blocher verwies auf die jüngste Familientragödie, bei der vor zwei Wochen ein Täter drei Menschen mit einem Küchenmesser umbrachte: "Ob mit einem Messer, mit Medikamenten oder mit einer Schusswaffe - wer das machen will, tut es, egal womit." (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD Printausgabe 28.9.2006)