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Paschings Bürgermeister Fritz Böhm (SPÖ) hat nach eigenem Bekunden niemals an Rücktritt gedacht und greift seinen Vizebürgermeister jetzt scharf an.

Foto: APA/Ziegler
Er sei trotz aller Unkenrufe gerne im Amt, rund um seine Verurteilung sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Seinem SPÖ-Vize Werner Ebenbichler wirft Ortskaiser Fritz Böhm im Gespräch mit Markus Rohrhofer vor, "mehrere 100.000 Euro" veruntreut zu haben.

STANDARD: Eine rechtsmäßige Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs, Untreue und schweren Betrugs, der Bürgermeister vorübergehend im Häf'n, ein Dauerclinch im Gemeinderat - können sie angesichts der Kommunalpolitik à la Pasching noch ruhig schlafen?

Böhm: Aber sicher. Überhaupt kein Problem, ich hab auch im Häf'n durchgeschlafen. Fragen Sie meine Frau, die liegt jede Nacht neben mir.

STANDARD: Gewähren Sie uns einen Blick hinter die "Mich kratzt nichts"-Fassade. Haben Sie im letzten Jahr nie an einen Rücktritt gedacht?

Böhm: Nein, das wäre ja ein Aufgeben. Das werde ich aber sicher nicht tun, dafür habe ich in Pasching noch viel zu viel vor. Natürlich war das Gerichtsverfahren auch meine Schuld, aber ich habe das Thema halt ausgereizt. Letztlich bin ich in Bezug auf die Finanzierungs-GmbH in allen Punkten freigesprochen worden. Beim Schuldspruch geht es ja nur um die Problematik, ob ein hauptberuflicher Bürgermeister nebenbei Geschäftsführer sein darf. Und da gilt es das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten.

STANDARD: Eine Vorstrafe, der Ruf als roter Abzocker, die Gemeindeaufsicht ständig im Genick - das alles scheint Sie nicht zu stören, sind Sie ein Kommunal-Masochist?

Böhm: (lacht) Nein. Über allem steht die positive Entwicklung von Pasching während meiner Amtszeit. Jüngstes Beispiel ist die bereits fixierte Umfahrungs-Trasse für die Westbahn. Jedes Neger-Dorf hat bereits eine Ortsumfahrung, wir sind die Ersten mit einer Eisenbahn-Umfahrung.

STANDARD: Alles aber Beschlüsse, die bereits vor Jahren im Gemeinderat gefallen sind. Derzeit heißt es dort seit Wochen: "Rien ne va plus".

Böhm: Stimmt, in den letzten Sitzungen ist es um nichts gegangen. Wir streiten aber nur um Kleinigkeiten wie verfahrenstechnische Abwicklungen. Wenn die Paschinger wüssten, worüber es wirklich geht, würden sie sich krummlachen.

STANDARD: Faktum ist, dass seit Wochen keine Beschlüsse fallen, Sitzungen ständig aufgelöst werden und letztlich der Bürger auf der Strecke bleibt.

Böhm:Da trifft mich keine Schuld. Wenn der Gemeinderat alles blockiert, wird er über kurz oder lang ein Problem mit den Bürgern bekommen.

STANDARD: Liegt es aber nicht in Ihrer Verantwortung als Bürgermeister, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und nicht nur tatenlos zu zusehen?

Böhm: Nein. Ich kann nur vernünftige Argumente bringen. Letztlich entscheidet der Gemeinderat und trägt auch die Verantwortung. Momentan werden Entscheidungen ja nur blockiert, um mir etwas zu Fleiß zu tun ...

STANDARD: ... und selbst die eigenen Genossen helfen da derzeit kräftig mit, oder?

Böhm: Das Problem ist, dass bestimmte Personen innerhalb der SPÖ derzeit hochgradig nervös sind.

STANDARD: Inwiefern?

Böhm: In Pasching brodelt es gewaltig. Die Prüfung des gemeindeeigenen Seniorenzentrums "Netzwerk Pasching" ist jetzt abgeschlossen. Die Dinge, die jetzt ans Tageslicht kommen, sind ein Hammer.

STANDARD: Bisher wurde dem Netzwerk-Geschäftsführer und SPÖ-Vizebürgermeister Werner Ebenbichler vorgeworfen, er habe die Buchführung vernachlässigt und soll unter anderem Leistungen für seine Familie bezogen haben.

Böhm: Alles Peanuts, unwichtige Kleinigkeiten. Mit der Veröffentlichung des gesamten Prüfberichtes wird demnächst eine Bombe hochgehen.

STANDARD: Was ist zu erwarten?

Böhm: Ich will da noch nicht zu viel sagen. Es liegt aber mit Sicherheit schwerer Amtsmissbrauch vor. Unter anderem hat Ebenbichler über Jahre beim Sozialhilfeverband bewusst Gebühren für die Bewohner falsch abgerechnet und dann Unmengen von der Gemeinde kassiert.

STANDARD: Von welchen Summen reden wir da konkret?

Böhm: Details gebe ich noch nicht bekannt. Mit Sicherheit aber etliche 100.000 Euro. Das weiß Ebenbichler, und deswegen hetzt er jetzt auch alle gegen mich auf. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.9.2006)