Wien - Der österreichische Börsenleitindex ATX, der die wichtigsten heimischen Werte zusammenfasst, hat in den vergangenen drei Monaten stark geschwächelt. "Gegenüber den zentral- und osteuropäischen Börsen haben wir sieben bis acht Prozent verloren, gegenüber den westeuropäischen drei bis vier Prozent", bezifferte der Leiter der CAIB-Aktienanalyse, Alfred Reisenberger, die Underperformance am Freitag auf einer Pressekonferenz. Ungeachtet dessen sei das Zukunftsszenario für die heimischen Werte heuer, nächstes Jahr und 2008 aber "erfreulich". "Das Gewinnbarometer zeigt auf Sonnenschein."

Der ATX soll schon in den kommenden Wochen einen Endspurt hinlegen und bis zum Jahresende 3.950 Punkte erreichen. Ungebremstes Wachstum erwartet die CAIB den Angaben zufolge auch für danach: In zwölf Monaten soll der Leitindex bei 4.250 Zählern stehen.

OMV belastet

Die Entwicklung des ATX seit Mai eindeutig belastet hat Index-Schwergewicht OMV. Die im Frühjahr angedachte OMV-Verbund-Fusion, die kurz darauf geplatzt ist, haben die internationalen Analysten negativ aufgenommen und mit Verkäufen abgestraft. "Die Zusammenführung wurde vom Markt nicht goutiert", so Reisenberger. "Ich persönlich glaube, dass der Deal gestorben ist, aber der Markt ist skeptisch", so der CAIB-Experte. Das OMV-Management habe zwar beteuert, dass die Fusion nicht mehr aufleben würde. Doch das Sagen hat überwiegend noch die Staatsholding ÖIAG, die gemeinsam mit den syndizierten Anteilen der International Petroleum Investment Company (IPIC, Abu Dhabi) 49 Prozent schwerer Kernaktionär des Ölkonzerns ist.

Bei den prognostizierten rosigen Aussichten stützt sich die CAIB unter anderem auf die niedrige Bewertung der österreichischen Papiere und deren Finanzkraft: "Die ATX-Unternehmen sitzen auf einem jährlich größer werdenden Geldberg", verwies Reisenberger auf einen Cash-Polster von 5,9 Mrd. Euro zum Jahresende 2006. Das entspricht sieben Prozent der Marktkapitalisierung des ATX. Eine "noch generösere Ausschüttungspolitik" sei zu erwarten.

Privatisierungen

Den heimischen Aktienmarkt in Schwung bringen dürften auch eine Reihe von Privatisierungen und Kapitalerhöhungen. Denn die Entstaatlichung dürfte zügig voran schreiten. Eine weitere Privatisierung sei von der Post zu erwarten, allerdings erst 2008. Dagegen sei die Telekom Austria schon nächstes Jahr ein Kandidat für eine weitere Privatisierung. "Vielleicht zieht sich der Staat auf null Prozent zurück - vor allem wenn Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) auch nach den Wahlen weiter im Amt bleibt", meint Reisenberger. Zusätzlich sind Gerüchte im Markt, dass bei der Fluggesellschaft Austrian Airlines und der CA Immo Kapitalerhöhungen ins Haus stünden.

Internationale Investoren warten derzeit jedenfalls ab, wie die Nationalratswahlen am 1. Oktober ausgehen. "Eine gewisse Zurückhaltung ist schon zu erkennen", räumt der Banker ein. Ein für die Börse erfreuliches Szenario wäre eine große Koalition aus ÖVP und SPÖ. Eindeutig negativ auf die Stimmung auswirken würde sich eine Regierung aus Parteien, die Privatisierungen skeptisch gegenüber stehen - etwa die Konstellation Rot-Grün.

Das Wirtschaftswachstum wird zwar 2007 voraussichtlich einen leichten Dämpfer erfahren. Doch positive Faktoren wie die erwarteten Zinssenkungen in den USA und in der Folge eine Zinsstabilisierung im Euroraum sollten Aktien attraktiv machen. Auch der Erdölpreis sollte sich weiter beruhigen, so dass "Inflation kein Thema" ist. "Einige Investmenthäuser sagen, dass der Ölpreis nächsten Jahr eventuell in Richtung 50 Dollar je Fass geht - das kann nur positive Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben", so Reisenberger. (APA)