Grafik: Standard/peakofoil.de
Berlin/Wien - Als die Autoindustrie die erste Generation PS-starker Geländewagenriesenbabys konzipierte, war die Welt noch in Ordnung: 1999 steuerte der Rohölpreis die Zehn-Dollar-Marke je Fass (159 Liter) an. Sieben Jahre später zeigte sich ein anderes Bild, der Fasspreis schnellte auf fast 80 Dollar. Derzeit liegen die Ölpreise bei 64 bis 65 Dollar je Fass. Ist das der Anfang vom Ende der öldurstigen Industriegesellschaft?

Öl-Optimisten verweisen darauf, dass erst gut ein Drittel des weltweit bekannten Erdöls verbraucht ist. Dividiert man das verbliebene Öl durch den zu erwartenden Verbrauch, kommt man zu beruhigenden Prognosen. Für die nächsten fünfzig Jahre können wir noch dem Hang zur Übermotorisierung nachgeben, sagen die Optimisten.

Die Zahl, die Peter Gerling von der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe errechnet hat, legt eher ein Umsatteln aufs Fahrrad nahe: "In zehn bis fünfzehn Jahren wird die Menge des förderbaren Öls zurückgehen." Tatsächlich spricht vieles für diesen wenig erfreulichen Zeitraum. Erdöl schwimmt nicht wie Cola in der Flasche, die Ausbeute lässt sich nicht beliebig steigern, ja nicht einmal auf gleichem Niveau halten. Stellt man die Geschichte der weltweiten Fördermenge als Kurve dar, zeichnet sich ein glockenförmiger Verlauf ab (siehe Grafik mit Beispiel USA).

Preis wird steigen

Peak heißt der höchste Punkt der Glockenkurve. Ist der überschritten, ist zwar noch viel Öl vorhanden, nur findet es immer schwerer den Weg zur Oberfläche. Auf die ersten Bohrungen, bei denen das Öl wegen des Eigendrucks faktisch von alleine an die Erdoberfläche schießt, folgen schnell weitere. Sind zehn bis 15 Prozent des Öls gefördert, reicht der gesunkene Druck kaum noch, um den Höhenunterschied zu überwinden.

Um den Lagerstättendruck künstlich aufrechtzuerhalten, beginnt man Wasser einzupressen. Der Ausbeutungsgrad steigt dadurch auf 30-35 Prozent. Gleichzeitig bringt das Wasser Probleme, denn das Öl schwimmt nicht als See in einem unterirdischen Hohlraum, vielmehr ist es in schwammartigem Fels gebunden. Oft kann nur mehr Wasser gefördert werden.

Durch neue Techniken wie horizontales Bohren kann die Fördereffizienz deutlich erhöht werden. In dieser Phase der Effizienzsteigerung befindet sich auch die österreichische OMV im Wiener Becken, einem 1949 entdeckten Ölfeld, dessen Förderhöhepunkt Mitte der Siebzigerjahre überschritten wurde. Seitdem setzt die OMV auf besagte Methoden. Die Förderung konnte damit auf dem Stand von 1992 stabilisiert werden. Wenn auch das ausgeschöpft ist, droht die Fördermenge um jährlich drei bis zehn Prozent zu fallen. Der Preis für Rohöl wird weiter steigen. (Nils Michaelis, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.9.2006)