Politikerduelle gibt es nicht nur im ORF, sondern auch bei derStandard.at. ÖVP-Nationalratsabgeordnete Silvia Fuhrmann und SPÖ-Gemeinderatsabgeordnete Laura Rudas wurden zu einer Konfrontation eingeladen und lieferten sich eine hitzige Debatte zu Koalitionen, Bildungspoltik, homosexuelle Partnerschaften und Fremdengesetz. Gunther Müller moderierte zwischen Schwarz und Rot.

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Ausschnitt aus dem Streitgespräch: Fuhrmann vs. Rudas über die (Un-)Möglichkeit von Schwarz-Rot


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derStandard.at: Frau Fuhrmann, könnten Sie zunächst Frau Rudas beschreiben. Seit wann kennen Sie sich, was sind ihre positiven und negativen Seiten?

Fuhrmann: Ich glaube, dass wir uns im Rahmen der letzten Nationalratswahl 2002 kennen gelernt haben. Ich finde es gut, dass Laura die einzige Junge bei der SPÖ ist, die ein Gemeinderatsmandat bekommen hat. So gut kennen wir uns aber eigentlich gar nicht. Ich denke, dass die Laura sehr engagiert ist. Was Negatives wäre mir in dem Sinn nicht aufgefallen. Für die Plakate der SPÖ kannst Du ja schließlich nichts.

derStandard.at:: Wie sieht das umgekehrt aus?

Rudas: Ich denke, dass Silvia ehrlich zur ÖVP steht, das finde ich gut. Das ist aber auch gleichzeitig das Negative. Dass sie für eine Politik steht, die sehr konservativ ist. Das versucht sie aber nicht zu verschleiern.

Fuhrmann und Rudas über Koalitionen >>>

derStandard: Was spricht derzeit gegen eine Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP?

Rudas: Was dagegen spricht ist, dass die ÖVP mit der SPÖ nicht in eine Regierung will. Am liebsten würde sie wieder eine Koalition mit FPÖ und BZÖ machen.

derStandard.at: Die FPÖ-Variante hat Josef Pröll aber bereits ausgeschlossen.

Rudas: Ja, nur kann man eben keiner Partei glauben, die sagt, dass sie als dritte in Opposition geht und dass es keine Jugendarbeitslosigkeit gibt, diese sich aber verdoppelt. Einer Partei, die sagt dass es keine Studiengebühren geben wird. Was die Große Koalition betrifft: das wird eine Verhandlungssache. Es muss eine gerechtere Steuerpolitik, eine Umverteilung der Löhne, eine sofortige Abschaffung der Studiengebühren, eine Bekämpfung der Teilzeit-Beschäftigungen und eine Gleichstellung von homosexuellen Lebensgemeinschaften geben. Das sind unsere Bedingungen.

Fuhrmann: Ich denke, dass die SPÖ einen ziemlichen Zick-Zack-Kurs fährt, dass sie nicht weiß was sie will. Zuerst heißt es, die Gewerkschafter dürfen nicht kandidieren, jetzt kandidieren sie schon. Dann das Bündnis mit den Liberalen, obwohl die Positionen konträr sind.

Für mich ist die SPÖ nicht berechenbar. Wer weiß, ob es Alfred Gusenbauer nach der Wahl noch gibt? Das politische Niveau der SPÖ ist tief gesunken. Auf den Plakaten wird der Bundeskanzler als Lügner dargestellt, man versucht den Leuten Angst zu machen. Wenn das Programm einer Partei nur darin besteht, den Gegner schlechtzumachen, dann ist das zu wenig. Die SPÖ hat einfach keine Konzepte. Momentan kann ich mir eine Koalition mit der SPÖ sehr schwer vorstellen.

Rudas: Du betreibst eine Schmutzkübelkampagne, die Du von Lopatka gelernt hast. Ich bin mit Argumenten gekommen, Du mit Schmutzkübel. Die SPÖ auf widerlichste Art und Weise zu verleumden ist traurig. Vor allem, dass das jetzt schon von den Jungen auch so gemacht wird, ist echt traurig.

Aber ich find das schon spannend, weil Du dich da hinstellst und sagst, dass Du mit der SPÖ nicht koalieren willst. Das BZÖ schafft es sowieso nicht, das wissen wir eh beide, also bleiben nur noch Grüne oder FPÖ. Sofort würdet Ihr wieder mit den Blauen in eine Regierung gehen. Aber ich werde jede Sekunde bis zur Wahl dagegen arbeiten, dass Ihr nicht noch einmal die FPÖ in eine Regierung holt.

derStandard.at: Wie stehen Sie nun zur FPÖ Frau Fuhrmann?

Fuhrmann: Ich schließe eine Koalition mit der mit FPÖ/BZÖ aus.

Rudas: Dann bleiben ja nur noch die Grünen, mit uns willst Du ja auch nicht.

Fuhrmann: Nein, nein, bei der SPÖ schockiert mich nur, wie man in den letzten Tagen und Wochen versucht hat uns zu verleumden.

Rudas: Was willst Du eigentlich für eine Regierung? Da bleibt ja niemand mehr übrig!

Fuhrmann: Ich schließe die SPÖ ja nicht grundsätzlich aus, ich denke nur dass das momentan sehr schwer ist, weil die SPÖ uns dauernd als Lügner darstellt.

Rudas: Das stimmt ja auch. Schüssel hat gesagt als Dritter gehe er in Opposition, das war doch eine Lüge, oder nicht?

Fuhrmann: Ihr seid diejenigen, die uns dauernd diffamieren mit Euren Plakaten. Ich bin mir sicher, dass nach der Wahl Gusenbauer wieder alles anders macht, als er es vorher angekündigt hat.

Rudas: Gusenbauer wird Erster werden und Koalitionsverhandlungen führen. Endlich werden Schüssel und Gehrer dann zurücktreten müssen.

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Fuhrmann: In der SPÖ funktioniert nichts. Stichwort Studiengebühren: Josef Broukal hat letztens wieder gefordert, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Ich würde mir zumindest wünschen, dass Eure Anträge anständig vorbereitet werden. Das muss demokratisch ablaufen, da kann sich nicht einer hinstellen und Rücktritte fordern.

Rudas: Ich kann gerne aus dem STANDARD zitieren, in dem steht, dass nur die Türkei in der Akademikerquote hinter uns liegt. Gratulation Frau Ministerin Gehrer! Ich kann nur noch mal betonen: Bei uns werden die Studiengebühren definitiv zurückgenommen, ohne Wenn und Aber.

derStandard.at: Frau Fuhrmann, wie zufrieden sind Sie mit der Bildungspolitik von Frau Gehrer?

Fuhrmann: Es ist nicht die Bildungspolitik von Frau Gehrer, sondern unser aller Politik. Ich gehöre dem Unterrichtssausschuss an, und unsere Bilanz ist eine sehr gute. Ob einem eine Person sympathisch ist oder nicht ist eine andere Frage.

Tatsache ist: Ich bin zufrieden. Erstens, weil wir gut mit den Schülervertretungen zusammengearbeitet haben und zweitens, weil die Tendenz eine positive ist. Und bei den Studiengebühren muss man festhalten, dass ein Kidergartenplatz in Wien im Monat das kostet, was die Studiengebühren kosten.

Rudas: Du lügst ja schon wieder!

Fuhrmann: Außerdem gibt es mehr Studienanfänger, es gibt auch mehr Absolventen und drittens machen die Studiengebühren sieben Prozent der Kosten eines Studenten aus. Ich will - wie die meisten Studenten, dass das Geld den Universitäten im Sinne der Studenten zugute kommt.

Rudas: Darf ich noch einmal aus dem STANDARD zitieren: "Die Studienanfängerquote ist nur marginal gestiegen, nämlich auf 37 Prozent, Durchschnitt in der EU ist aber 53 Prozent – von wegen wir haben so viele Neuanfänger. Dort steht weiter: "Die schlechten Noten erklärt die OSZE mit den geringen Ausgaben für tertiäre Bildung zu erklären, die bei 1,1 Prozent des BIP verharren. Mit 5,5 Prozent bei Bildungsausgaben lag Österreich deutlich unter dem OSZE Durchschnitt."

Apropos Lügenpartei ÖVP: Ich bin sehr dafür, dass man das Geld in die Unis investiert. Aber jeder Student weiß, wie die Situation auf den Unis ist: da sitzt man auf dem Boden, weil es nicht genügend Platz gibt. Wenn Ministerin Gehrer schon einmal ein Uni besucht hätte, dann wüsste sie, was Sache ist. Sie fragt weder die ÖH, noch redet sie mit Studenten, noch redet sie mit den Schülern.

Fuhrmann: Der Herr Broukal hat übrigens auch kein Studium – nur zu deiner Information.

Rudas: Ich kritisiere doch nicht, dass sie kein Studium hat, das ist mir völlig egal.

Fuhrmann und Rudas über Kritik an der eigenen Partei >>>

derStandard.at: In Deutschland und anderen europäischen Ländern hat man das Gefühl, dass die Jungen oft gegen die eigene Partei rebellieren, in Österreich weniger. Was würden Sie an ihrer eigenen Partei reformieren wollen?

Fuhrmann: Seitdem es auch drei Junge im Parlament gibt, haben wir sehr viel mehr Mitsprache bekommen. Deswegen besteht gar nicht die Notwendigkeit bei der vordersten Front zu rebellieren. Bei uns funktioniert das sehr demokratisch, wir diskutieren das am Tisch aus. Präsenzdienstverkürzung, Zivildienstverkürzung waren Dinge die wir durchgesetzt haben.

Das wollte am Anfang auch nicht jeder in der ÖVP. Wir haben das ausdiskutiert und letztlich durchgesetzt. Auch bei der Pensionsreform war das so. Ursprünglich hieß es die unter Dreißig-Jährigen sollen die Suppe der Vergangenheit auslöffeln, wir wollten, dass das solidarisch gehandhabt wird. Und jetzt tragen das die unter Fünfzig-Jährigen. Wolfgang Schüssel gibt den Jungen in unserer Partei eine Chance.

Rudas: Wir haben eine kritische Jugendorganisation, die sind auch mir gegenüber sehr kritisch und das ist auch gut so. Ich fordere bei der SPÖ mehr Mitspracherecht der Jungen, sodass sich die Partei verjüngt. Der Bund hat eine junge Liste aber ich wünsche mir schon, dass da mehr passiert.

Fuhrmann: Wir sind jetzt drei unter Dreißig-Jährige im Parlament, wir haben in jedem Wahlkreis einen Jugendkandidaten. Das ist doch schon sehr viel.

Rudas: Aber reichen Dir wirklich drei?

Fuhrmann: Ihr habt gar keinen...

Rudas: Das hab ich auch kritisiert aber genügen Dir wirklich drei? Wir sind in der Wiener Landesorganisation knapp 500 und selbst da fordere ich, dass es mehr werden. Ich vertrete wirklich die jungen Menschen.

Fuhrmann: Ich finde es schade, dass ich hier nicht mit jemandem sitze, der für die Nationalratswahlen kandidiert.

Rudas: Danke, aber ich glaub schlag mich ganz gut. Noch einmal: Also ich finde das traurig, da sollte sich viel mehr tun. Das Nachplappern von Schüssel- und Lopatka-Slogans halte ich eher für billig. Wenn Du sagst, dass Dir drei genügen vertrittst Du eben nicht die Interessen der Jungen. In Wien haben wir fünf und das genügt mir noch lange nicht.

Fuhrmann: Ja, Du musst dich jetzt rechtfertigen und davon ablenken, dass Ihr gar niemandem habt. Bei Kritik geht es nicht nur um Quantität, sondern um Qualität.

Rudas: Noch einmal: Lopatka-Slogans nachplappern ist langweilig.

Fuhrmann und Rudas über Arbeitslosigkeit >>>

Fuhrmann: Ihr werft uns immer vor wie schlimm nicht die Arbeitslosensituation sei. Die ist nicht schlimmer als 1998 unter Klima.

Rudas: Was? Sie hat sich verdoppelt!

Fuhrmann: Wir haben heute mehr Beschäftigte als unter Klima, das ist eine Tatsache.

Rudas: Eure Wunderstrategie sieht so aus, dass ihr immer mehr junge Leute in Teilzeitbeschäftigungen steckt, von der sie kaum leben können.

Fuhrmann: Das ist einfach erfunden.

Rudas: Jeder kann das bei einer WIFO-Studie nachschlagen: Da wird bewiesen, das junge Menschen immer weniger von ihren Teilzeitbeschäftigungen leben können. Ihr fördert das "working-poor"-System. Frage: Für wie deppert haltet ihr eigentlich die Wähler?

Fuhrmann: Da stimmt nicht. Allein im letzten Jahr sind 160.000 Jobs geschaffen worden. Pro Tag sind 150 neue Jobs entstanden. Nicht jeder Teilzeitjob ist übrigens eine schlechte Sache. Junge Frauen schätzen die Teilzeitjobs.

Rudas: Verlogen!

Fuhrmann: Kindergeldbezieherinnen gibt es heute fast doppelt so viel wie Karenzgeldbezieherinnen unter der SPÖ. Das spricht für sich. Ihr hab gesagt: Nur eine Frau, die arbeitet, soll Karenzgeld kriegen. Wir wollen, dass auch schwangere Studentinnen und Schülerinnen das Kindergeld bekommen. Bei Teilzeitjobs geht es darum, einen Übergang vom Neueinstieg ins Berufsleben zu schaffen. Auch bei den Lehrlingen waren wir es, die durch die Lehrlingsprämie zusätzlich 11.000 neue Lehrlinge vermitteln konnten.

Rudas: Das ist unglaublich respektlos gegenüber den Betroffenen. Kennst du die Wifo-Studie, die besagt, dass 85.000 Arbeitsplätze zwischen 2000 und 2005 verloren gegangen sind? Die Teilzeitbeschäftigungen haben laut Arbeiterkammer in der gleichen Zeit um 140.000 zugenommen. Lediglich ein Viertel hat sich zufrieden gestellt. Du solltest mal mit den Leuten reden.

Fuhrmann: Das tue ich und höre, dass viele die Teilzeitbeschäftigungen sehr gut finden.

Fuhrmann über Ehe für homosexuelle Partnerschaften, Rudas über die SP-Zustimmung zum Fremdenpaket >>>

derStandard.at: Eine Einzelfrage noch an Sie beide. Frau Fuhrmann, wie stehen Sie zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften?

Fuhrmann: Ich kann mir gut vorstellen, dass es Eingetragene Partnerschaften gibt. Ich bin mir bewusst, dass es innerhalb der ÖVP andere Positionen gibt, aber ich kann mir das gut vorstellen.

derStandard.at: Frau Rudas, was sagen Sie eigentlich dazu, dass das Fremdengesetz von der SPÖ mitgetragen wurde?

Rudas: Das ist eine gute Frage, vor allem für eine Wiener Kommunalpolitikerin. Norbert Darabos hat mir versichert, dass es noch schlimmer gekommen wäre, wenn die SPÖ nicht zugestimmt hätte. Ich selbst war nicht dabei, aber ich kenne Darabos gut und vertraue ihm auch. Ob ich selbst mitgestimmt hätte, weiß ich nicht, denn ich war ja wie gesagt nicht dabei.