Foto: STANDARD/Hendrich
Anders zu sein ist alles andere als einfach, weil sich je nach Betrachtungsweise alles immer anders darstellt. Das ist eine der großen Herausforderungen an uns Zeitgenossen: verschiedene Perspektiven einzunehmen und zu einem Raum zusammenzufassen, in dem auch anders gedacht und gehandelt werden kann.

Das Spiel mit verschiedenen Betrachtungswinkeln ist eine der großen Stärken in der zeitgenössischen Choreografie. Institutionen, die diese vor ein Publikum bringen, müssen immer Komplizen in diesem Spiel sein. Seit mittlerweile fünf Jahren baut das Tanzquartier Wien (TQW) der Choreografie einen solchen Darstellungs- und Denkraum, der zuvor in Österreich in dieser Form unvorstellbar war.

"Give Me Five!"

Das "Tanzhaus" ist eine Weiterentwicklung des Theaters. Es dient nicht nur der Präsentation, sondern auch der Entwicklung des gesamten Produktions- und Rezeptionsspektrums. Also wird im TQW aufgetreten und geforscht, unterrichtet, diskutiert sowie interdisziplinär experimentiert.

Das bedarf einer eigenen Logik, die die Choreografie als so "ungewisse", als so offene Kunstform sichtbar macht, wie sie andere Sparten auch zu sein verdient hätten. Im TQW ist nun seit fünf Jahren zu erleben, wie das Ungewisse zur verlässlichen, dynamischen Konstante werden kann.

Unter dem Titel Give Me Five feiern Haus, Künstler und Publikum einen Aufbruch im österreichischen Tanz, an dem das TQW maßgeblichen Anteil hat. Mit einer ordentlichen Party (DJ DSL!), die Performance- und Bildhauerei- Studenten der Wiener Akademie der bildenden Künste am 30. 9. zusammen mit Tänzern ausrichten. Weiters am 6. 10. in Concert mit dem Starchoreografen Mark Tompkins, der unter dem Namen Mark Lewis mit seiner Band The Standards als Sänger Furore macht.

"Keep it private"

Einige Hundert (!) Face-to-face-Vorstellungen geben 25 Tänzer und Performer vom 3. bis zum 7. 10. unter dem Motto Keep it private. Und die bisherigen Artists in Residence des TQW - Daniel Aschwanden, Milli Bitterli, Philipp Gehmacher, Anne Juren und Barbara Kraus - rekapitulieren am 3. 10. unter 5 Jahre deines Lebens in Gesprächsperformances, was ein Künstlerleben in einem halben Jahrzehnt mit sich bringt.

Den Abschluss macht eine Parasitenpartytour von Oliver Hangl zur Langen Nacht der Museen am 7. 10.: Deren Teilnehmer vagabundieren, mit Funkkopfhörern ausgestattet, durch private und öffentliche Partys. "Maître" dieser Partytour ist der Komponist und Musikperformer Felix Kubin. (Helmut Ploebst, DER STANDARD Printausgabe, 14.09.2006)