Bryce Dallas Howard als blasse Story in "Das Mädchen aus dem Wasser" mit Paul Giamatti als Hausmeister.

Foto: Warner
Wien - Der US-Regisseur und Drehbuchautor M. Night Shyamalan etablierte sich mit dem Thriller The Sixth Sense 1999 quasi über Nacht als Spezialist für hintergründigen Nervenkitzel. Die Geschichte um einen von Bruce Willis verkörperten Psychologen und seinen von Heimsuchungen geplagten kleinen Patienten überraschte damals nicht primär mit ihrem Inhalt. Vielmehr hatte Shyamalan sie nach einem gewitzten Bauplan angelegt, der das Gesehene rückwirkend noch einmal neu versteh- und interpretierbar machte.

Auch die Nachfolgeprojekte Unbreakable, Signs und The Village operierten souverän mit verwandten erzählerischen Kunstgriffen, mit atmosphärischem Horror und punktuellen Schockmomenten, die für kontinuierliche Spannung sorgten.

Shyamalans aktueller Film Lady in The Water - hier zu Lande: Das Mädchen aus dem Wasser - hat den Horror nun noch weiter an die Peripherie verbannt und auf punktuelle Schreckmomente reduziert als sein Vorgänger. Wie in The Village geht es auch hier um eine kleine, abgeschlossen wirkende Gemeinschaft, die Bewohner und Bewohnerinnen eines großen Appartementkomplexes, des einzigen Schauplatzes des Films.

Die junge blasse Frau (Bryce Dallas Howard) mit dem sprechenden Namen Story, die sich eines Nachts verängstigt in die Wohnung des Hausmeisters (Paul Giamatti) flüchtet, liefert zu diesem räumlichen den erzählerischen Zusammenhang.

Um die Rettung von Story zu ermöglichen, tritt der eigenbrötlerische, durch einen Sprachfehler zusätzlich gehemmte Protagonist mit den Mietern in neuer Funktion in Kontakt. Eine alte, mythenkundige Koreanerin liefert ihm das nötige Grundwissen: Story ist ein "narf", eine Art Seejungfrau, die von einem bösartigen Höllenhund gejagt wird. Weitere Bewohner werden als Codeknacker, als schützende Gilde und Wächter benötigt.

Sie zu finden und zu instruieren erfordert permanente Übersetzungs- und Vermittlungsvorgänge. Deshalb präsentiert sich der Film auch mehr als ein dialoglastiges Ensemblestück (samt verbiestertem Filmkritiker, dessen Spitzfindigkeiten der Film prompt mit einer letalen Attacke durch das vierbeinige Monster ahndet) und weniger als Thriller. Als Kern der Erzählung bleibt schließlich eine recht konventionelle Geschichte um einen traumatisierten Mann und das weibliche Fabelwesen, das seine Heilung initiiert, übrig. Der Rest ist aufwändiger, behäbiger Bühnenzauber und reichlich forciertes Schauspiel.

Auch der kleine Aufreger am Rande, den der Regisseur mit einem Buch entfachte, konnte das Interesse in den USA offensichtlich nicht anheizen: In The Man Who Heard Voices or, How M. Night Shyamalan Risked His Career on a Fairy Tale schilderte er seine Sicht jener Vorkommnisse, die seinem Wechsel von Disney zu Warner vorausgingen. Wirft man einen Blick auf die Bilanz dieser langjährigen Zusammenarbeit, dann kann sich Disney nun freuen:

Selbst The Village hatte bei einem Produktionsbudget von rund 60 Millionen Dollar weltweit noch insgesamt 256 Millionen Dollar eingespielt (und schon am Eröffnungswochenende in den USA rund 50 Millionen vorgelegt). Lady in The Water hingegen (Budget: rund 70 Millionen) hat US-Einnahmen von knapp 41 Millionen erzielt und inklusive der weltweiten Auswertung bis jetzt gerade einmal die 50-Millionen-Dollar-Grenze geknackt. (Isabella Reicher/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4. 9. 2006)